Politik

Geboosterte sollen im Regelfall von der Testpflicht befreit werden

  • Mittwoch, 15. Dezember 2021
/picture alliance, F.A.BOBO, Ziga Zivulovic jr., FA Bobo, PIXSE
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München – Menschen mit einer dritten Impfung gegen SARS-CoV-2 sollen im Regelfall bundesweit von einer Test­pflicht befreit werden – auch wenn diese eigentlich auch von Geimpften gefordert wird. Für medizini­sche Einrichtungen wie Krankenhäuser sowie für Pflegeheime soll dies aber nicht gelten.

Darauf haben sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern verständigt, wie Bay­erns Gesund­heits­­minister Klaus Holetschek (CSU), Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz (GMK), gestern nach der Sitzung mitteilte.

„Wir haben uns darauf geeinigt, dass Personen mit erhaltener Auffrischungsimpfung nach deren voll­stän­diger Wirksamkeit von der Testpflicht im Rahmen der 2G-Plus-Regelung befreit werden sollen", sagte Ho­le­tschek. Diese wird demnach 15 Tage nach Erhalt der Boosterimpfung angenommen. Spätes­tens nach zwei Monaten solle der Beschluss neu bewertet werden.

Bisher hatten mehrere Bundesländer die Regel im Alleingang beschlossen. Sie galt etwa in Nieder­sach­sen oder auch in Hessen und Bayern. Den Vorschlag, den der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lau­ter­bach (SPD) den Ländern unterbreitet hatte, hatte dieser gestern vehement gegen Kritik verteidigt.

„Der Verzicht auf die Testung von Geboosterten macht epidemiologisch Sinn“, sagte Lauterbach. Mit Auf­frischimpfung habe man nur noch ein geringes Risiko, sich zu infizieren, und ein noch geringeres Risiko, sich so zu infizieren, dass man für andere ansteckend sei. „Somit ist das ein hohes Sicherheitsniveau.“

Testpflicht für Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser bleibt bestehen

Für medizinische Einrichtungen sei das Restrisiko aber nicht zu tragen – also solle eine solche Befreiung von der Testpflicht nicht für Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäuser gelten. Der Vorteil einer Befreiung sei, dass die Boosterimpfung dann noch attraktiver werde als ohnehin schon.

Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger stellte sich heute gegen den Beschluss. „Es wäre unvor­sichtig, schon jetzt die 2G-Plus-Regel aufzuweichen, wenn wir kaum wissenschaftliche Erkenntnis­se noch optimierten Impfschutz haben“, sagte der CSU-Politiker der Augsburger Allgemeinen.

Pilsinger kritisierte, dass der neue Bundesgesundheitsminister „Begrüßungsgeschenke zu seinem Amts­antritt verteilen will“. Dies sei angesichts der „sehr angespannten Coronalage wirklich riskant“. Es gelte eher, „nochmal Geduld“ bis zum Frühjahr aufzubringen. Dann gingen die Infektionszahlen sowieso nach unten und es gebe „klarere wissenschaftliche Erkenntnisse auch zur Omikron-Variante“.

Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, bezeichnete den Beschluss als „Fehlent­scheidung“. Dies sei auch wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante falsch. Außerdem gebe es Impf­durchbrüche auch bei Menschen mit drei Impfungen. Diese zeigten aber oft gar keine Symptome. Wenn man Infektionsketten unterbrechen wolle, sei ein Verzicht auf Tests bei dieser Gruppe keine gute Idee. Außerdem könne er nicht erkennen, dass die Testkapazitäten schon ausgereizt seien.

Der Frankfurter Virologe Martin Stürmer hatte bereits gestern vor Lockerungen für Geboosterte gewarnt. Selbst wenn es unmittelbar nach der Auffrischungsimpfung einen guten Schutz gegen die Virusweiter­ga­be auch bei der neuen Coronavariante Omikron gebe, sei die Datenlage noch zu unsicher, sagte er ZDF-heute.de.

Er würde zum jetzigen Zeitpunkt dafür plädieren, „eher präventiv zu argumentieren – entsprechend die Kontakte zu reduzieren, keine Lockerungen für Geboosterte durchzuführen und die Testkapazitäten auszunut­zen, um möglichst viel zu erfahren.“

„Eine solche Maßnahme würde dazu beitragen, dass die Omikron-Welle sogar früher kommt“, hatte auch Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, betont. Die Idee habe für die Delta-Variante des Coronavirus Sinn gemacht, sagte er. Dreifach Geimpfte seien gegen diese Variante so gut geschützt, dass sie kaum noch zum Infektionsgeschehen beitrügen. „Aber diese Überlegungen haben sich mit Omikron komplett erledigt.“

Es wäre klüger gewesen abzuwarten

Die deutschen Amtsärzte warnten ebenfalls vor einem übereilten Ende der Testpflicht für Menschen mit Auffrischimpfung. „Es ist verfrüht, Menschen mit Boosterimpfung von der Testpflicht zu befreien“, sagte die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst (BVÖGD), Ute Teichert, der Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Es wäre klüger, abzuwarten, wie sich die Pandemie in den kommenden Wochen entwickelt.“

Der Präsident des Deutschen Landkreistags stellte sich dagegen hinter Lauterbachs Vorhaben: „Es ist gut nachvollziehbar, für Geboosterte die Testpflicht entfallen zu lassen“, sagte Landkreispräsident Reinhard Sager den Funke-Zeitungen. Der Schutz sei mit der dritten Impfung deutlich wirksamer.

Die Linksfraktion lehnt einen Wegfall der Testpflicht für Menschen mit Boosterimpfung ab. Es sei richtig, Anreize für das Impfen zu schaffen, sagte Fraktionschefin Amira Mohamed Ali, aber „der falsche Weg ist, Anreize dafür zu schaffen, dass man sich nicht testen lässt“. Dies erhöhe nur die Unsicherheit und das Infektionsrisiko dort, wo Tests auch für Geimpfte bisher vorgeschrieben sind.

afp/may

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