Politik

Gegenwind für Testverordnung: Städtetag und Gesundheitsdienst skeptisch

  • Mittwoch, 24. August 2022
/picture alliance, Sebastian Kahnert
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Berlin – Die Neue Testverordnung des Bundes bekommt weiter Gegenwind. Nun kommen kritische Töne von den Gesundheitsämtern, die sich in Bedrängnis sehen. Auch der Städtetag ist wenig glücklich mit den neuen Plänen.

Hintergrund der Anpassungen ist eine Neufassung der Coronavirus-Testverordnung. Darin war geregelt wor­den, dass die Testungen nicht mehr für alle Bürger kostenfrei sind. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte daraufhin beklagt, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) die Kontrollen über die kor­rekte Abrechnung der Teststellen nicht mehr gewährleisten könnten.

In einem gemeinsamen Schreiben der Vorstände der KVen und der KBV an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wiesen sie daraufhin, dass sie sich außer Stande sehen, die Bürgertests abzurechnen und die Ver­gütung entsprechend auszuzahlen. In Gesprächen gab es dann eine Einigung zwischen dem Bundes­ministerium für Gesundheit (BMG) und der KBV – die Umsetzung stand aber bislang aus.

Die politische Lösung soll nun mit der erneuten Änderung der Corona Testverordnung angegangen werden. Vorgesehen ist dabei unter an­derem, dass das Robert-Koch-Institut (RKI) die Abrechnungen der privaten Test­stellen auf Plausibilität über­prüfen soll. Bei einem Anfangsverdacht auf Unregelmäßigkeiten sollen dann die zuständigen Gesund­heits­ämter eingeschaltet werden.

Das stößt auf Gegenwind. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) betonte heute, man habe bisher schon private Testzentren aus hygi­e­nischer und fachlicher Sicht überprüft. Seien dabei offensichtliche Unregelmä­ßigkeiten bei der Abrechnung erkannt worden, habe man dies der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung mitgeteilt.

„Die jetzt vorgesehene gezielte Ermittlung von Abrechnungsbetrug bei Coronatests ist keine originäre Auf­ga­be des öffentlichen Gesundheitsdienstes, sondern die Arbeit von Kassenärztlicher Vereinigung und Staatsan­waltschaft“, sagte Kristina Böhm, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD).

Eine weitergehende Untersuchung und Ermittlung durch die Gesundheitsämter sieht sie aufgrund der fortbe­stehenden Personalnot, der multiplen und wichtigeren Aufgaben im Bevölkerungsschutz und wegen der feh­lenden Kompetenzen bei der Ermittlung von Abrechnungsbetrug sehr kritisch.

Auch der Deutsche Städtetag protestiert dagegen, im Kampf gegen Abrechnungsbetrug in Testzentren die Gesundheitsämter mit der Kontrolle zu beauftragen. „Wir unterstützen sehr, Abrechnungsbetrug von einigen Testzentren zu bekämpfen“, sagte Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy den Funke-Zeitungen.

Die Gesundheitsämter könnten weiterhin unterstützend tätig sein. „Aber die Abrechnungen müssen von denen geprüft werden, die die Abrechnung der Teststellen erhalten und ihnen die Leistung bezahlen. Das sind die Kassenärztlichen Vereinigungen.“

Der Städtetags-Hauptgeschäftsführer verwies darauf, dass die Gesundheitsämter schon bisher die Kassen­ärzt­lichen Vereinigungen und Staatsanwaltschaften informieren, falls sie Auffälligkeiten in den Räumlichkeiten oder beim Personal von Testzentren feststellen.

Der Deutsche Städtetag bezweifelt nicht nur, dass sich mit der neuen Testverordnung eine bessere Kontrolle der Abrechnungen erreichen lasse. „Wir halten es außerdem für rechtswidrig, wenn der Bund nun per Verord­nung die Aufgabe der Abrechnungskontrolle auf die Gesundheitsämter übertragen will“, sagte Dedy. „Eine gesetzliche Grundlage dafür können wir nicht erkennen.“

Es gibt mehrere Fälle von Testzentren, die sich durch abgerechnete, aber nicht vorgenommene Tests hohe Summen erschlichen haben. „Die Gesundheitsbehörden haben weder Geld, Personal noch die Fachkompetenz, im Detail zu prüfen, ob die Abrechnungen von Testzentren richtig sind“, sagte Dedy.

may/afp

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