Gesundheitsministerium will Frauengesundheitsforschung unterstützen

Berlin – Dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) liegt offenbar viel daran, die Frauengesundheitsforschung zu unterstützen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe ein großes Interesse daran, dass in der Forschung mit qualitätsgesicherten und repräsentativen Daten gearbeitet werde, betonte Antje Draheim, Staatssekretärin im BMG, kürzlich beim Parlamentarischen Abend der Spitzenfrauen Gesundheit in Berlin.
„Da können wir auf die Unterstützung meines Ministers zählen“, machte Draheim deutlich. „Wenn eine KI gendergerecht konzipiert und ausgewertet ist, dann ist sie auch geeignet, bessere Entscheidungen für Frauen zu treffen“, sagte sie.
Hintergrund ist der Gender Data Gap: Dass es sehr viel weniger Studiendaten von Frauen gebe, habe vor allem im medizinischen Bereich spürbare Auswirkungen auf die Gesundheit von Frauen, aber auch von Männern, erklärte Brigitte Strahwald, Ärztin und Epidemiologin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.
Künstliche Intelligenzen (KI) würden derzeit überwiegend mit vorhandenen, männlichen Studiendaten trainiert und könnten geschlechterspezifische Bedürfnisse letztlich erst berücksichtigen, wenn sie mit diverseren Daten gespeist werden, hieß es.
„Wir merken erst nach und nach, dass es sehr viele frauenspezifische, genderspezifische Herausforderungen gibt, die lange Zeit gar nicht benannt werden konnten, weil man es gar nicht auf dem Schirm hatte“, sagte Draheim. Künstliche Intelligenz habe ein großes Potenzial, das auch für die Verbesserung der Frauengesundheit genutzt werden sollte.
Die Staatssekretärin des BMG machte darauf aufmerksam, dass es auch wichtig sei, mit ländereigenen Daten arbeiten zu können. Momentan greife man in der Frauengesundheitsforschung überwiegend auf ausländische Daten zurück, weil sie in Deutschland schlicht nicht vorlägen. „Wir müssen in Deutschland gewährleisten können, dass wir für unsere eigenen Patientinnen und Patienten diese Daten haben“, sagte sie.
Die neuen Digital- und Datengesetze, wie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz und auch die elektronische Patientenakte (ePA), seien bereits ein Schritt in die richtige Richtung, so Draheim. „Die ePA ist ein wichtiger Baustein für die gendergerechte Medizin, weil wir damit Daten von allen erheben, unabhängig vom Geschlecht“.
Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz schaffe Rahmenbedingungen dafür, dass vorhandene Gesundheitsdaten einfacher und gleichzeitig sicherer und datenschutzkonform für die Forschung und Entwicklung verfügbar gemacht werden könnten, so Draheim. Auch die Kategorie Geschlecht finde sich in diesen Daten wieder.
Mit den Digitalgesetzen werde eine zentrale Grundlage aufgebaut, in der Hoffnung, repräsentativer als andere Länder zu sein, so die Staatssekretärin. „Wir machen die vorhandenen Daten verfügbar, für gemeinorientierte Zwecke wie Forschung, Patientensicherheit und Qualitätssicherung – und zwar gendergerecht“. Mittelfristig müssten jedoch weitere Datenquellen erschlossen werden, um Ungleichheiten frühzeitig zu entdecken und darauf reagieren zu können.
Wenn Forschung öffentlich gefördert wird, sollten Daten auch geschlechtsspezifisch erhoben und analysiert werden müssen. Dafür sprachen sich die anwesenden Expertinnnen aus.
Die Bedingungen von Forschungsförderungen könnten einfach und ohne Kosten um diesen Einschub ergänzt werden. Wenn dies nicht möglich oder notwendig sei, beispielsweise bei der Erforschung eines neuen Prostatamedikaments, sollte dies explizit begründet werden müssen, betonte Strahwald.
„Die Vision ist, dass wir die geschlechtergerechte Erfassung und Analyse von Daten damit selbstverständlich machen – so selbstverständlich wie es für uns ist, einen Ethikantrag zu stellen, wenn wir forschen“, sagte Strahwald. Der Ansatz sei gut umsetzbar und würde keine Kosten verursachen.
„So etwas muss nicht von allen Kolleginnen und Kollegen gemocht werden, es muss auch nicht verstanden werden, nur es muss gemacht werden – um damit eine Grundlage zu legen für eine bessere und wirklich geschlechtergerechte KI“, betonte die Epidemiologin.
Um allen gerecht zu werden, müssten die Daten neben dem Geschlecht allerdings auch Angaben zum Alter und zur ethnischen Herkunft enthalten, betonte Gertraud Stadler, Professorin für geschlechtersensible Präventionsforschung an der Charité.
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