Impfstoffproduktion in Afrika: Deutlicher Ausbau geplant

Berlin – Die Impfstoffproduktion auf dem afrikanischen Kontinent soll in den nächsten Jahren deutlich ausgebaut werden. Ziel sei, eine nachhaltige und wettbewerbsgemäße Produktion zu schaffen, die sich vor allem an den Gesundheitsbedürfnissen der afrikanischen Länder orientiere. Das betonten kürzlich internationale Gesundheitsexpertinnen und -experten bei der Sitzung des Unterausschusses Globale Gesundheit im Bundestag.
In Südafrika, Ruanda und Senegal werden bereits Impfstoffe produziert, berichtete die parlamentarische Staatssekretärin Bärbel Kofler (SPD) aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). In Südafrika wurden bereits während der COVID-19-Pandemie Impfstoffe hergestellt. Eine neue Anlage des deutschen Unternehmens Biontech in der ruandischen Hauptstadt Kigali wurde im vergangenen Dezember eingeweiht. Auch in der senegalesischen Hauptstadt Dakar werden bereits Impfstoffe hergestellt. Mit solchen Produktionsstätten hätten afrikanische Studierende auch die Möglichkeit eine hochqualifizierte wissenschaftliche Ausbildung und Forschung durchführen zu können, erklärte Kofler.
Allerdings arbeite man in diesen Anlagen vor allem an den letzten Schritten zur Produktion von Impfstoffen, ergänzte eine Referentin aus dem BMZ. Langfristiges Ziel sei, die komplette Produktionskette von Impfstoffen in afrikanischen Produktionsanlagen abzubilden. Dies werde voraussichtlich nicht für alle Vakzine gelingen, aber zumindest für einen Teil, sagte die Referentin.
Biontech habe zudem berichtet, dass die Produktion vor Ort schwierig sei, da es keine afrikanischen Unternehmen in der Umgebung geben würde, die etwa Kittel oder Medizinprodukte nach internationalen Standards reinigen könnten. Diese Aufgabe müsse Biontech deshalb selbst übernehmen, erklärte die BMZ-Referentin.
Eine weitere Impfstoffproduktionsanlage soll Mitte 2025 in Ghana starten, Malariaimpfstoff zu produzieren, erklärte Kofler. In Südafrika solle zudem durch Technologietransfer 2028 ein Choleraimpfstoff hergestellt werden.
Derzeit werde nur ein Prozent des Bedarfs an Impfstoffen für den afrikanischen Kontinent vor Ort hergestellt, erklärte Aliénor Devalière von der Organisation Wemos. Erklärtes und ehrgeiziges Ziel der Afrikanischen Union sei dies auf 60 Prozent bis 2040 zu erhöhen, sagte Devalière. Damit müssten mindestens 1,5 Milliarden Impfdosen pro Jahr hergestellt werden.
Bei dem Ausbau von Impfstoffproduktionen setze man auf lokale Partnerschaften und Firmen vor Ort, sagte Staatssekretärin Kofler. Deutschland sei daran beteiligt, günstige Rahmenbedingungen für die Herstellung und Entwicklung zu schaffen. Wichtig sei dafür auch die Ausbildung von hochspezialisierten Fachkräften. Bis 2040 seien etwa 10.000 Fachkräfte für die Produktion, Forschung und Entwicklung auf dem afrikanischen Kontinent erforderlich, so Kofler. Zudem müssten die afrikanischen Regulierungsbehörden gestärkt werden, auch um Impfstoffe nach internationalen Standards herzustellen und weiterverkaufen zu können.
Das Programm „African Vaccine Manufacturing Accelerator“ (AVMA) von der Impfallianz Gavi sieht zudem mindestens 30 Projekte zur Impfstoffproduktion auf dem afrikanischen Kontinent für die kommenden zehn bis 15 Jahre vor, erklärte David Kinder von Gavi. Ziel sei, langfristige Produktionsanlagen aufzubauen, deren Produkte wettbewerbsfähig werden und einen wichtigen Beitrag zu globalen Impfstoffmärkten leisten könnten. Außerdem soll eine erhöhte Resilienz und bessere Bereitschaft, sich auf künftige Pandemien vorzubereiten, erreicht werden, sagte Kinder. Dies sei unabhängig von einem möglichen globalen Pandemieabkommen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wichtig.
AVMA sieht Finanzierungsmöglichkeiten über zehn Jahre für entsprechende Unternehmen vor. Eine Milliarde US-Dollar sind eingeplant. Der größere Anteil (750 Millionen US-Dollar) wird als Subvention ausgezahlt, die es afrikanischen Herstellern möglich mache, wettbewerbsfähig zu werden.
Der kleinere Anteil (250 Millionen US-Dollar) solle für Meilensteine genutzt werden, erklärte Kinder. Das Geld werde erst ausgeschüttet, wenn Unternehmen Präqualifizierungen von der WHO erreichten, Impfstoffe also als sicher eingestuft werden und auf globalen Märkten verkauft werden können.
Auch die Organisation „Coalition for Epidemic Preparedness Innovations“ (CEPI) unterstütze Impfstoffproduktionen vor Ort, erklärte Saul Walker von CEPI. Neben der Produktion von Impfstoffen werde auch die Herstellung von klinischen Materialien sowie Forschung und Entwicklung gefördert, sagte Walker vor den Abgeordneten. „Ein ganzes Ökosystem soll in Afrika entstehen“, so Walker.
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