Politik

Kassenärztliche Bundesvereinigung sieht geplante Apothekenreform kritisch

  • Montag, 24. Juni 2024
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Berlin – Scharfe Kritik am geplanten Gesetz für eine Apothekenhonorar- und Apothekenstrukturreform übt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Es drohe eine „Deprofessionalisierung im großen Stil“.

„Es ist keine neue Erkenntnis, bekommt aber eine andere Dimension. Im Bundesgesundheitsministerium schätzt man die Arbeit freiberuflich und inhabergeführter Praxen und Apotheken überhaupt nicht“, so der Vorstand der KBV, Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Sibylle Steiner.

Dafür sei der vorliegende Referentenentwurf, in welchem „Apotheken ohne Apotheker“ vorgesehen seien, ein weiteres Beispiel. Dies stelle nicht nur einen Etikettenschwindel dar, sondern könne in der Konsequenz sogar gefährlich für Patientinnen und Patienten werden.

Hinzu komme, so der KBV-Vorstand, dass originär ärztliche Tätigkeiten wie das Impfen sogar verstärkt in Apotheken angeboten werden sollen. Aspekte wie die Impfanamnese, die Aufklärung zur Impfung, den Ausschluss von akuten Erkrankungen und Kontraindikationen sowie bei bestehenden Erkrankungen die Bewertung, ob eine Impfung durchgeführt werden kann, setzten aber eine entsprechende ärztliche Aus- und Weiterbildung voraus.

Hessens Gesundheitsministerin Diana Stolz (CDU) lehnt die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu flexibleren Vorgaben für Apotheken ebenfalls ab. „Die inhabergeführte Apotheke darf nicht zerschlagen werden“, erklärte sie heute nach einem Besuch in einer Apotheke in Wiesbaden.

Der Vorsitzende des hessischen Apothekerverbandes, Holger Seyfarth, erklärte, der Entwurf sei ein Generalangriff auf den gesamten Berufsstand, dessen pharmazeutische Kompetenz und die wohnortnahe Arzneimittelversorgung. Der Minister scheine die Apotheker als letzte Kontrollinstanz zwischen der ärztlichen Verschreibung und dem Patienten abschaffen zu wollen, kritisierte Seyfarth.

Aus Sicht von Jürgen Hohnl, Geschäftsführer des IKK, geht der Referentenentwurf zur Apothekenreform grundsätzlich in die richtige Richtung. Stichworte wie Delegation und Substitution sowie die Erweiterung digitaler Beratungsmöglichkeiten könnten dazu beitragen, in strukturschwachen und ländlichen Regionen die Apothekenversorgung zu stärken.

„Unabdingbare Voraussetzung hierfür ist aber Kostenneutralität und Zielgenauigkeit. Bei der Umstellung der Vergütungsbestandteile sollte eine Deckelung der einzelnen Beträge erfolgen“, so Hohnl. Angesichts der explodierenden Kosten für neue Medikamente sei eine prozentmäßige Vergütung unangemessen. Zudem müssten Neuzulassungen von (Zweig-)Apotheken auf unterversorgte Bereiche beschränkt werden – ‚Light‘-Apotheken dürften nicht in Konkurrenz zu jetzigen Apotheken treten.

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, warnte vor Mehrausgaben für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Man brauchen eine Reform, welche die qualitätsgesicherte, wirtschaftliche und effiziente Versorgung in den Mittelpunkt stellt und Mehrausgaben vermeidet.

Reimann plädierte dafür, die bislang nicht abgerufenen 380 Millionen Euro aus dem Finanzierungstopf für pharmazeutische Beratungsleistungen aufzulösen und an die Kostenträger zurückzuführen. „Damit künftig Versicherte vor Ort verlässlich von ergänzenden Leistungen profitieren können, sollten pharmazeutische Dienstleistungen stattdessen dezentral vereinbart und direkt mit dem Kostenträger abgerechnet werden.“

aha/dpa

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