Krankenhäuser: Wenn Qualitätsvorgaben nicht eingehalten werden, liegt es meist am fehlenden Personal

Berlin – Fast alle deutschen Krankenhäuser erfüllen die strukturellen Vorgaben, die sie zur Erbringung bestimmter Komplexbehandlungen erbringen müssen. Das erklärte der Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes (MD) Sachsen, Ulf Sengebusch, heute auf dem 4. Kongress des Medizinischen Dienstes in Berlin. So hätten bei insgesamt 13.200 OPS-Strukturprüfungen, die der MD im Jahr 2023 durchgeführt hat, 97,5 Prozent der Krankenhäuser die entsprechenden Qualitätsvorgaben eingehalten. Bei 2,5 Prozent sei dies nicht der Fall gewesen. Der Medizinische Dienst führt die OPS-Strukturprüfungen seit dem Jahr 2021 durch.
„Die Strukturprüfungen haben seit ihrer Einführung unmittelbar zu Nachbesserungen seitens der Krankenhäuser geführt“, sagte Sengebusch. „Denn als die Strukturprüfungen 2021 eingeführt wurden, waren bei 7,5 Prozent der Prüfungen die notwendigen Voraussetzungen nicht gegeben.“ OPS-Strukturprüfungen sind derzeit für 54 komplexe Krankenhausbehandlungen vorgesehen, zum Beispiel für intensivmedizinische und neurologische Komplexbehandlungen bei Herzinfarkten oder Schlaganfällen sowie bei Komplexbehandlungen von Patientinnen und Patienten mit multiresistenten Erregern. Nur, wenn Krankenhäuser eine Bescheinigung des MD über eine erfolgreich absolvierte Strukturprüfung vorlegen können, können sie die entsprechenden Leistungen mit den Krankenkassen abrechnen.
„Anträge, bei denen der Medizinische Dienst dem Krankenhaus das Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen nicht bescheinigen konnte, scheiterten meistens an fehlenden personellen Voraussetzungen – nicht an der Technik“, erklärt der MD Bund. „Entweder fehlte das für eine Behandlung erforderliche Fachpersonal oder es stand bei Bedarf nicht rund um die Uhr zur Verfügung. Oder es konnten erforderliche Zusatzqualifikationen oder praktische Erfahrungen nicht nachgewiesen werden.“ Letzteres betreffe vor allem Leistungen der neurologischen Frührehabilitation.
Prüfung der G-BA-Qualitätsvorgaben greift erst langsam
Ebenfalls seit 2021 prüft der MD bestimmte Qualitätsvorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die ebenfalls komplizierte Behandlungen betreffen: zum Beispiel die Behandlung von Frühgeborenen, die Kinderherzchirurgie oder minimalinvasive Herzklappeneingriffe. Die Prüfungen erfolgen stichprobenartig und anlassbezogen im Auftrag der Krankenkassen. Geprüft werden unter anderem die örtlichen Gegebenheiten in einem Krankenhaus, die technische Ausstattung und personelle Qualifikationen.
„Im vergangenen Jahr hat der MD 1.600 solcher Qualitätskontrollen durchgeführt“, erklärte Sengebusch. „In 59,2 Prozent der Fälle waren die Anforderungen an die Qualität erfüllt, in 35,4 Prozent nicht. In weiteren 5,4 Prozent der Fälle war keine Beurteilung möglich.“ Bei mehr als einem Drittel der Prüfungen wurden Defizite festgestellt, weil das erforderliche Fachpersonal nicht oder nur unzureichend vorhanden war. Dies betrifft zum Beispiel die Operation eines Bauchaortenaneurysmas. Wenn ein Krankenhaus diese Operation anbieten möchte, muss es sicherstellen, dass die Hälfte der Pflegekräfte auf der Intensivstation eine Fachweiterbildung im Bereich Intensivpflege und Anästhesie abgeschlossen hat.
Können Krankenhäuser die Qualitätsvorgaben nicht einhalten, werden zum Beispiel Zielvereinbarungen mit ihnen geschlossen, damit sie die Vorgaben in der Zukunft erfüllen können. Infrage kommen auch Vergütungsabschläge. „Die Prüfung der G-BA-Vorgaben ist ein neues Feld, das erst langsam in allen Bundesländern greift“, sagte Sengebusch. „Daher liegen hier die Beanstandungsquoten höher als bei den Strukturprüfungen.“
Die Hälfte der Abrechnungen aus Sicht des MD nicht korrekt
Darüber hinaus hat der MD im Auftrag der Krankenkassen im Jahr 2023 etwa 1,4 Millionen Krankenhausabrechnungen in Einzelfallprüfungen geprüft. In 47,8 Prozent waren die Rechnungen nach Ansicht des MD korrekt, in 51,5 Prozent der Fälle waren sie nicht korrekt. Gibt es aus Sicht einer Krankenkasse Auffälligkeiten bei einer Krankenhausrechnung, kann sie den MD beauftragen, die Rechnung zu prüfen. Je häufiger der MD die Abrechnung eines Krankenhauses beanstandet, desto häufiger kann der MD Rechnungen dieses Krankenhauses prüfen.
Im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) ist vorgesehen, dass die Einzelfallprüfung durch eine Stichprobenprüfung ersetzt wird. Auf diese Weise soll der Prüfaufwand vermindert werden. Der Vorstandsvorsitzende des MD Bund, Stefan Gronemeyer, wies darauf hin, dass die Menge der Einzelfallprüfungen bereits durch das MDK-Reformgesetz im Jahr 2020 massiv reduziert worden sei: von einer Prüfquote von 20 Prozent auf eine Prüfquote von etwa zehn Prozent. „Mit der Zahl der Prüfungen hat sich auch das Volumen der Rückflüsse der Versichertengelder an die gesetzliche Krankenversicherung reduziert“, sagte Gronemeyer.
Wenn man nun ein Verfahren für eine strukturierte Stichprobenprüfung entwickelt, müsse man darauf achten, dass die zwei zentralen Aufgaben der Abrechnungsprüfungen erfüllt werden, so Gronemeyer weiter: Das zu Unrecht von den Krankenhäusern vereinnahmte Geld muss an die Krankenkassen zurückfließen und es muss ein Anreiz gesetzt werden, damit die Krankenhäuser korrekt abrechnen. Im bisherigen System habe der Rückfluss der Mittel gut funktioniert, der Anreiz, korrekt abzurechnen, hingegen nicht. Denn die Zahl der aus Sicht des MD nicht korrekten Abrechnungen habe über die Jahre bei 50 Prozent gelegen.
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