Politik

Mehr Anstrengungen im Kampf gegen sexuelle Gewalt erforderlich

  • Freitag, 2. Oktober 2020
/bramgino, stock.adobe.com
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Berlin – Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) der Bundesregierung appelliert an die Politik, die Bekämpfung von sexualisier­ter Gewalt an Kindern nicht allein auf das Strafrecht zu begrenzen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um Strafverschärfungen sagte Johannes-Wil­helm Rörig heute vor der Presse in Berlin: „Wir dürfen nicht den Fehler machen zu glau­ben, dass sich die Bekämpfung von Missbrauch alleine durch Strafverschärfungen ver­bess­ern lässt.“

Wenn man den Schutz von Kindern und Jugendlichen ernst nehme, müssten alle den Kampf gegen sexuellen Missbrauch als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreifen und aktiv führen, so Rörig.

In einem Positionspapier hat der UBSKM konkrete Handlungsempfehlungen aufgeführt. Dieses Papier hat er nach eigenen Angaben bereits an alle Partei- und Fraktionsvorsitzen­den, die parlamentarischen Fachausschüsse und zuständigen Fachminister in Bund und Ländern sowie an die Regierungschefs der Länder versandt.

Um die gesundheitliche Versorgung und die Hilfen für Betroffene von sexueller Gewalt zu verbessern, sollten mehr traumaspezifische psychotherapeutische Angebote flächende­ckend zur Verfügung gestellt werden, fordert Rörig in seinem Positionspapier. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf qualifizierte Angebote für Kinder und Jugendliche und Men­schen mit Migrationshintergrund gelegt werden.

Darüber hinaus fordert der UBSKM, die polizeilichen Ermittlungen zu stärken. Dazu sollte eine EU-rechtskonforme Vorratsdatenspeicherung ermöglicht werden. „Ohne verlängerte Mindestspeicherzeiten für IP-Adressen gehen die digitalen Spuren zu den Tätern im Netz innerhalb kürzester Zeit verloren“, sagte Rörig. Auch die Diskussion über die erleichterte Übernahme sogenannter digitaler Identitäten sollte dringend fortgeführt werden.

Für Familienrichter fordert Rörig eine Pflicht zur Fortbildung. Neben Kenntnissen des Kindschaftsrechts und des Kindes- und Jugendhilferechts sollten sie auch über Grund­kenntnisse der Psychologie, Pädagogik und sozialen Arbeit verfügen.

Den Bundesländern empfiehlt er, einen eigenen ressortübergreifenden Masterplan zur Verbesserung des Schutzes von Minderjährigen vor sexueller Gewalt und den Folgen zu entwickeln und umzusetzen. Zudem sollte in jedem Bundesland das Amt einer oder eines „Landesbeauftragten für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt“ eingerichtet werden.

Weiter schlägt der UBSKM eine gesetzlich verankerte, regelmäßige Berichtspflicht seines Amtes gegenüber Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat zum Ausmaß der sexuellen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und zum Stand von Prävention, Intervention, Hil­fen, Forschung und Aufarbeitung vor, ähnlich wie es für den Bundesdatenschutzbe­auf­tragten geregelt ist. Zudem solle das Amt des Missbrauchsbeauftragten gesetzlich ver­ankert werden.

PB

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