Mehr Transparenz, mehr Kontrolle: GKV-Verwaltungsrat für Handlungsrahmen bei MVZ

Berlin – Bei der Diskussion um Arztpraxen, die von Investoren gekauft werden, spricht sich der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) für einen Handlungsrahmen aus, welcher für medizinische Versorgungszentren (MVZ) aber auch für Einzel- oder Gemeinschaftspraxen und auch Berufsausübungsgemeinschaften gilt.
Ein entsprechendes Positionspapier, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, hat der Verwaltungsrat der GKV heute beschlossen. Darin fordert der GKV-SV unter anderem, dass die Kommunen mehr MVZ gründen und passgenaue regionale Versorgungsangebote schaffen sollen.
Insgesamt sieht der Verband investorengeführte Arztpraxen nicht per se als schlecht an, denn das Engagement von Kapitalgebern könne versorgungsverbessernde Strukturveränderungen unterstützen, heißt es im Positionspapier.
Andererseits stünden dem auch Risiken gegenüber, „die aufgrund des deutlichen Anstiegs der Anzahl an MVZ in den letzten Jahren zunehmend an Relevanz gewonnen haben.“ Diese Risiken betreffen demnach die Versorgung von Patientinnen und Patienten, weil die Versorgung verstärkt an ökonomischen Prämissen und nicht an den medizinischen Fragestellungen der Patienten ausgerichtet sei.
Deshalb brauche es einen entsprechenden Handlungsrahmen, um die potenzielle Marktmacht von finanzstarken Unternehmen einzuschränken und eine bestmögliche Versorgung für die Patientinnen und Patienten sicherzustellen, so der GKV-SV.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte Ende 2022 angekündigt, per Gesetz verbieten zu wollen, dass Finanzinvestoren Arztpraxen übernehmen. Er versprach einen entsprechenden Gesetzentwurf im ersten Quartal 2023 vorzulegen.
Eigentümer muss aufs Praxisschild
Das Positionspapier sieht dabei einige konkrete Forderungen vor, die den Handlungsrahmen füllen sollen. Die MVZ sollen etwa zu mehr Transparenz verpflichtet werden, so der Verband der Krankenkassen. Dabei sollen sie die Träger- und Beteiligungsstrukturen offenlegen müssen. Insbesondere sollte der Zulassungsausschuss ermächtigt und auf Antrag der Selbstverwaltungspartner verpflichtet sein, sich die vollständigen Eigentums- und Besitzverhältnisse offenlegen lassen zu können. Aber auch die entsprechenden Eigentumsverhältnisse sollten zur Orientierung der Patientinnen und Patienten auf dem Praxisschild anzugeben sein.
Um einer Monopolisierung von einzelnen Investoren und Trägern entgegenzuwirken, wird zudem eine Art Deckelung der Zulassung oder Nachbesetzung von Arztsitzen gefordert. Wenn ein oder mehrere MVZ von einem Träger mehr als 40 Prozent der Arztsitze der jeweiligen Arztgruppe innerhalb eines Planungsbereiches innehaben oder drei oder weniger Träger von MVZ zusammen mehr als 50 Prozent der Arztsitze der jeweiligen Arztgruppe innerhalb des Planungsbereiches besetzen oder fünf oder weniger Träger von MVZ zusammen mehr als zwei Drittel der Arztsitze der jeweiligen Arztgruppe innerhalb des Planungsbereiches innehaben, dann sollte die Zulassung oder Nachbesetzung abgelehnt werden.
Allerdings erklärt der GKV-SV in seinem Positionspapier auch, dass aufgrund der unterschiedlichen Versorgungsstrukturen Sonderregelungen für Regionen mit einer geringen Versorgungsdichte möglich sein sollten.
Konzentration auf wenige Leistungen soll verhindert werden
Zudem sollen Anreize geschaffen werden, dass MVZ auch den vollständigen Leistungskatalog einer jeweiligen Arztgruppe abbilden. Damit könnten starke Konzentrierungen auf wenige Leistungen und damit Skaleneffekte, die zu einer Überfinanzierung führen, vermieden werden. Damit verbunden soll der Zulassungsausschuss Kompetenzen erhalten, bei der Besetzung von Vertragsarztsitzen konkrete Vorgaben zu Leistungsschwerpunkten oder zu dem zu erbringenden Leistungsspektrum treffen zu können.
Außerdem pocht der Kassenverband auf eine Prüfung der Gründungsvoraussetzungen eines MVZ regelhaft alle fünf Jahre. Auch die bestehende „Ewigkeitsgarantie“ bei einer einmalig erworbenen Zulassung sollte laut GKV angepasst werden. Heute könne eine einmalig erworbene Zulassung unbegrenzt mit angestellten Ärztinnen und Ärzten besetzt werden, ohne dass im zeitlichen Verlauf eine Prüfung der Versorgungsnotwendigkeit erfolge.
Damit gebe es aber keine Möglichkeit, nicht länger benötigte Zulassungen abzubauen. Deshalb sollte diese Ewigkeitsgarantie abgeschafft und die Nachbesetzung einer Stelle nur auf Antrag und nach Prüfung von Versorgungsgründen möglich sein. „Für die Prüfung ist ein Mindestzeitraum von fünf Jahren vorzusehen, der Planungssicherheit erlaubt und folglich nicht bei jeder personellen Änderung eine vollständige Überprüfung erforderlich macht.“
Weiter sollten der GKV-SV zufolge die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) künftig die Einhaltung der Versorgungsaufträge aller Praxen prüfen und dabei auffällige Leistungshäufungen oder andere untypische Versorgungsmuster identifizieren und sanktionieren. Damit soll verhindert werden, dass MVZ aufgrund wirtschaftlicher Anreize die Leistungserbringung einschränken. Der Verband fordert zudem, dass die KVen die abgerechneten Leistungen mit dem benötigten zeitlichen Aufwand für die Leistungserbringung auf Übereinstimmung hin überprüfen sollen und ob die Leistungen dem zeitlichen Umfang der Zulassungen oder der genehmigten Anstellungen entsprechen.
Auch die Bundesärztekammer (BÄK) hatte im Januar die Einführung von einigen Rahmenbedingungen vorgeschlagen. Dabei schlug die BÄK vor, entsprechende Marktanteile zu begrenzen und damit einer Monopolisierung entgegenzuwirken. Zudem sprach sie sich ebenfalls für mehr Transparenz über die Inhaberschaft aus.
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