Politik

Notfallreform: Bundesärztekammer weist auf Notwendigkeit ausreichender Kapazitäten hin

  • Montag, 24. Juni 2024
/benjaminnolte, stock.adobe.com
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Berlin – Zwingende Voraussetzung für eine funktionierende Reform der Akut- und Notfallversorgung ist die Schaffung ausreichender ambulanter und stationärer Kapazitäten. Darauf macht die Bundesärztekammer (BÄK) in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform der Notfallversorgung (Notfall-Gesetz) mit Nachdruck aufmerksam.

Ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte können die Notaufnahmen und den Rettungsdienst nicht entlasten, wenn es keine freien Kapazitäten für die Versorgung von Akutfällen gibt, betont die BÄK. Hierfür müsse es entsprechende Rahmenbedingungen und Anreize geben.

Maßnahmen wie die Regelung der Sozialversicherungspflicht für Poolärzte oder auch intelligente arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Regelungen und Anreize für Ärzte, die im Ruhestandsalter weiterhin ärztlich tätig sein möchten, seien „unbedingt erforderlich“, fehlten jedoch im vorliegenden Referentenentwurf. Derzeit stünden schlichtweg nicht ausreichend viele Ärzte zur Verfügung, die eine bundesweit flächendeckende 24/7-telemedizinische und aufsuchende notdienstliche Versorgung sicherstellen sowie nach Dienstschluss die geplanten Notdienstpraxen mitbesetzen können.

Auf der anderen Seite müsse die geplante Neuausrichtung von Krankenhausplanung und -vergütung so gestaltet werden, dass die stationäre Versorgung von komplex erkrankten, multimorbiden Notfallpatienten und die dafür erforderliche Vorhaltung ausreichend refinanziert werden. Wie die BÄK erläutert, entstehe ein relevanter Teil der Überlastung von Notaufnahmen durch einen „Exit Block“ – bei dem aufgrund fehlender stationärer Kapazitäten insbesondere für aufwendige Patienten nur unter großem Zeitaufwand eine Anschlussversorgung organisiert werden kann.

Als „bedauerlich“ bewertet es die BÄK, dass der Rettungsdienst als dritte und bislang am wenigsten integrierte Säule der Akut- und Notfallversorgung nicht direkt in den Gesetzentwurf eingebunden wurde. Eine Notfallreform könne nur in einem Gesamtansatz unter Einbeziehung des Rettungsdienstes nachhaltig gelingen.

Dies zeige sich schon bei den Gesundheitsleitstellen, deren Einrichtung und Ausgestaltung nach dem derzeitigen Regelungsvorschlag aufgrund der fehlenden Regelungskompetenz des Bundes „abhängig sind vom guten Willen der Träger der Rettungsstellen sowie der Länder und der Kommunen“. Zielführend und der Bedeutung des Rettungsdienstes angemessen wäre es aus Sicht der BÄK, die erforderlichen Regelungen für diesen Bereich in den vorliegenden Gesetzentwurf zu integrieren, anstatt sie in das parlamentarische Verfahren zu verschieben.

Derzeit sei generell „vollkommen unklar“, wie die Notfallreform mit der ausstehenden Reform der Krankenhausfinanzierung durch das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) abgestimmt werden soll, so die BÄK. Dies gelte auch bezüglich der Frage, wie aus der Gemengelage von zugewiesener Leistungsgruppe Notfallmedizin im KHVVG, Stufenzuteilung im Rahmen der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) und der Standortfestlegung als Integriertes Notfallzentrum (INZ) durch die erweiterten Landesausschüsse eine konsistente Planung erfolgen soll.

Der Gesetzentwurf nenne eine Anzahl von rund 700 INZ-Standorten, die innerhalb von sechs Monaten nach dessen Inkrafttreten festgelegt werden sollen. Es werde damit eine Reihe von Krankenhäusern geben, denen zwar bislang eine Notfallstufe zugeordnet wurde, die aber kein INZ-Standort werden sollen. Das gleiche gelte für bereits eingerichtete Notdienstpraxen in und an Krankenhäusern, warnt die BÄK.

Hier müsse dringend Planungssicherheit geschaffen und eine Auswirkungsanalyse unter Einbeziehung aller zukünftigen Regelkreise vorgelegt werden, fordert die BÄK. Nach den vorliegenden Zahlen seien die derzeit geplanten Qualifikationsvorgaben für die Leistungsgruppe Notfallmedizin nicht für 700 INZ-Standorte erfüllbar.

Allgemein kritisch sieht die Bundesärztekammer die fehlende strukturelle Einbindung der Landesärztekammern und der BÄK in den Reformprozess. Die Landesärztekammern als landesgesetzlich legitimierte berufliche Vertretungen der Ärzte aus dem stationären und ambulanten Bereich sollten bundesweit an den Gremien beteiligt werden, die für die konkrete Umsetzung der Reform zuständig sind, so die Forderung.

aha

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