Pflegepersonalregelung soll 2023 eingeführt werden

Berlin – Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) soll ermächtigt werden, in einer Rechtsverordnung Vorgaben zur Ermittlung des Pflegepersonalbedarfes und zur Festlegung der Personalbesetzung in Krankenhäusern zu bestimmen. Dies solle ohne Zustimmung des Bundesrates möglich sein, wie es in einem dem Deutschen Ärzteblatt vorliegenden Entwurf für ein Krankenhauspflegeentlastungsgesetz heißt.
Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP war vereinbart worden, zur verbindlichen Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus die Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) kurzfristig als Übergangsinstrument einzuführen – genau dies würde mit der Rechtsverordnungsermächtigung ermöglicht werden.
Das BMG soll „bis zum 30. November 2023 Vorgaben zur Ermittlung des Pflegepersonalbedarfes in der unmittelbaren Patientenversorgung von Erwachsenen und Kindern auf bettenführenden Stationen der nichtintensivmedizinischen somatischen Versorgung in den nach § 108 zugelassenen Krankenhäusern“ erlassen, heißt es im Gesetzentwurf.
Zur Vorbereitung der Rechtsverordnung soll das BMG bis zum 31. Januar 2023 eine „fachlich unabhängige wissenschaftliche Einrichtung oder einen Sachverständigen oder eine Sachverständige“ mit einer mindestens dreimonatigen Erprobung der Grundlagen der in der Rechtsverordnung festzulegenden Vorgaben beauftragen. Der Auftragnehmer soll dem BMG bis spätestens zum 31. August 2023 einen Abschlussbericht über die Ergebnisse der Erprobungsphase vorlegen.
Abweichen von Verordnung möglich
Klarstellend heißt es im Entwurf, dass die sich aus der noch zu erlassenden Verordnung ergebenen Verpflichtungen unter bestimmten Bedingungen entfallen könnten.
Dies soll dann der Fall sein, wenn für ein Krankenhaus in einem Tarifvertrag oder einer sonstigen Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern verbindliche Vorgaben zur Anzahl des in der unmittelbaren Patientenversorgung einzusetzenden Pflegepersonals vereinbart wurden und diese Vereinbarung nach dem übereinstimmenden schriftlich erklärten Willen der Vertragsparteien der Anwendung der Rechtsverordnung vorzuziehen ist.
Bei der PPR 2.0 werden die Patienten täglich je nach Pflegebedarf in unterschiedliche Leistungsstufen eingeteilt. Dabei wird nach Körperpflege, Ernährung oder Mobilisierung unterschieden sowie nach der speziellen Pflege nach Operationen oder der Wund- und Heilbehandlung. Jeder Stufe sind bestimmte Minutenwerte zugeordnet. Dadurch ergibt sich für jeden Patienten eine bestimmte Zeit, aus dem der Personalbedarf abgeleitet werden kann.
Aufgrund der vorgesehenen Einführung des Interimsinstruments PPR 2.0 soll die bislang vorgesehene Frist zur Neuentwicklung und Erprobung eines wissenschaftlich fundierten Verfahrens zur einheitlichen Bemessung des Pflegepersonalbedarfs durch den GKV-Spitzenverband, die PKV und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) um ein Jahr auf Ende 2025 verschoben werden. Bei der Entwicklung dieses neuen wissenschaftlichen Verfahrens könnten dann auch erste Erfahrungen mit der PPR 2.0 einbezogen werden, so heißt es im Gesetzentwurf.
Nach den Plänen des BMG wird nach der Einführung des Systems die erlaubte Abweichung zur Sollstärke des Personals schrittweise verringert. „Die Festlegung der Erfüllungsgrade soll sich an realisierbaren Werten orientieren und die Lage auf dem Arbeitsmarkt für Pflegekräfte berücksichtigen“, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Dieser enthält keine Prognose darüber, welcher zusätzliche Personalbedarf sich aus den neuen Vorgaben ergibt. Die Entwickler des Systems gehen nach früheren Angaben von einer notwendigen Aufstockung um 40.000 bis 80.000 Pflegekräfte aus.
Der Gesetzentwurf enthält außerdem diverse Anpassungen bezüglich der Budgetverhandlungen für somatische Krankenhäuser sowie psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen.
„Die Verhandlung soll so rechtzeitig abgeschlossen werden, dass das neue Erlösbudget, das neue Pflegebudget und die neuen Entgelte mit Ablauf des Jahres, das dem Jahr vorausgeht, für das die Vereinbarung gelten soll, in Kraft treten können“, heißt es dazu.
Um einen Verhandlungsstau auszuschließen, soll ein automatisches Tätigwerden der Schiedsstellen für den Fall gesetzlich vorgegeben werden, dass die Vertragsparteien auf der Ortsebene keine Einigung erzielen.
Der Hintergrund: Mit dem Anfang 2019 in Kraft getretenen Pflegepersonal-Stärkungsgesetz hatte die damalige Bundesregierung die Pflegepersonalkosten aus den diagnosebezogenen Fallpauschalen herausgelöst.
Ziel dieser Maßnahme war es, Krankenhäusern den Anreiz zu nehmen, bei der Pflege zu sparen. Seither müssen die Krankenhäuser ihre individuellen Pflegepersonalkosten in den Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen aushandeln.
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