RKI veröffentlicht restliche Protokolle des Coronakrisenstabes

Berlin – Nach monatelangen Debatten um die internen Protokolle des Coronakrisenstabes hat das Robert-Koch-Institut (RKI) die noch ausstehende zweite Tranche kurz vor Weihnachten selbst veröffentlicht. Die „weitestgehend“ entschwärzten Protokolle aus dem Zeitraum Mai 2021 bis Juli 2023 mit knapp 1.600 Seiten würden wegen des öffentlichen Interesses zur Verfügung gestellt, schreibt das RKI auf seiner Webseite (Stand: 18. Dezember).
Im Mai hatte das RKI den ersten Teil (Januar 2020 bis April 2021) ins Internet gestellt, nachdem zuvor schon eine Version mit umfangreichen Schwärzungen publik geworden war: Der Blog Multipolar hatte die Freigabe nach eigenen Angaben gerichtlich erstritten. Schließlich waren die Dokumente im Sommer dann komplett ohne Schwärzungen geleakt worden. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete.
Die Protokolle und anfangs auch Spekulationen um Hintergründe für Schwärzungen waren in den vergangenen Monaten immer wieder Ausgangspunkt für politische Debatten, etwa über die Notwendigkeit von Maßnahmen gegen das Virus.
Die teils bruchstückhaft in den Dokumenten wiedergegebenen Diskussionsbeiträge von Mitgliedern des Krisenstabs hatten verschiedenen Medien Anlass für Mutmaßungen gegeben. In einem Fall war das RKI dem bereits im März entgegengetreten.
Schwärzungen betreffen nach RKI-Angaben nun nur noch „personenbezogene Daten nach § 5 IFG sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter nach § 6 IFG“.
Inzwischen hat das Institut auf seiner Webseite auch eine Reihe häufiger Fragen zum Thema ausführlich beantwortet, die sich teils auf Diskussionsbeiträge aus den Protokollen beziehen und diese weiter einordnen. In einigen Punkten bezieht es klar Stellung und widerspricht manchen Auslegungen.
So belegen die Dokumente beispielsweise laut RKI nicht, dass die Coronamaßnahmen doch nicht erforderlich gewesen seien: „Dass Maßnahmen gegen COVID-19 erforderlich waren, ist unstrittig“, heißt es. Auch sei das RKI nicht der Auffassung, dass die Lockdowns schwerere Konsequenzen als COVID-19 selbst gehabt hätten.
Weiter heißt es, das RKI habe keine Bedenken gegenüber der Coronaimpfung, vielmehr sei diese „unverzichtbar für die Bewältigung der Pandemie gewesen“. Die RKI-Protokolle taugten außerdem nicht dazu, ein „geheimes Wissen“ oder gar eine gezielte Täuschung zu belegen.
Das RKI erklärt in dem FAQ zu der Frage „Hat das RKI als wissenschaftliche Fassade für politische Entscheidungen gedient, war es „Handlanger politischer Fehlentscheidungen?“ unter anderem, dass es klassische Aufgabe eines Ressortforschungsinstituts sei, eine gesetzlich legitimierte Schnittstelle von Wissenschaft zu Politikberatung zu sein.
Mit der Funktion als Ressortforschungseinrichtung gehe man auch offen um. Entscheidend sei die Freiheit des RKI in der Wahl der Methoden und der Interpretation der Ergebnisse. „Die hier dargelegten Freiheiten in der Methodenwahl und Interpretation der Ergebnisse haben auch für das RKI jederzeit – auch während der Corona-Pandemie – uneingeschränkt gegolten.“
Auf die Frage, warum sich das RKI nicht öffentlich von COVID-Maßnahmen distanziert habe, antwortet es, es sei nicht seine Aufgaben, politische Entscheidungen öffentlich zu kommentieren. „Das RKI konzentriert sich auf Gesundheit und Infektionsschutz, darin hat es Expertise, dazu äußert es sich. Über Maßnahmen entscheidet die Politik.“ Die Politik stehe dabei in einem schwierigen Abwägungsprozess.
„Ganz allgemein gilt, dass Maßnahmen notwendig waren, um schwerwiegende Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung, aber auch für die Wirtschaft und die Gesellschaft möglichst gering zu halten“, so das RKI.
Neben den Protokollen hat das RKI inzwischen auch einen abschließenden internen Tätigkeitsbericht zur COVID-19-Pandemie veröffentlichen.
Wer die ungeschwärzten Dokumente im Sommer über eine freie Journalistin an die Öffentlichkeit gegeben hat, ist weiter unbekannt. „Mit Bekanntwerden des Vorfalls am 23.07.2024 wurden die gebotenen Maßnahmen geprüft und eingeleitet“, erklärte das RKI auf Anfrage. Man bitte aber um Verständnis, „dass wir darüber hinaus zu diesen Fragen aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben machen können“.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: