Rufe nach Lockerungsperspektiven werden lauter

Berlin – Die Rufe nach Lockerungsperspektiven in der Coronapandemie werden trotz weiter steigender Infektionszahlen lauter. Der Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag, Christian Dürr, sagte der Bild heute, sobald die Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystems nicht mehr bestehe, müssten Einschränkungen zurückgenommen werden.
„Deshalb sprechen wir auch bereits jetzt über konkrete Öffnungsperspektiven“, so Dürr. Die nächste Ministerpräsidentenkonferenz sollte dazu erste Beschlüsse fassen. Der Deutsche Hausärzteverband forderte die Bundesregierung auf, einen Öffnungsplan für den Ausstieg aus den Coronamaßnahmen zu erarbeiten.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte allerdings erst gestern vor einer schnellen Aufhebung von Maßnahmen gewarnt und die Diskussion über Lockerungen als unangebracht bezeichnet. „Wir haben die Lage noch nicht wirklich unter der Kontrolle“, sagte der SPD-Politiker. Mit einem Höhepunkt der Omikron-Welle sei Mitte dieses Monats zu rechnen.
Der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Die Politik muss bereits jetzt ein Konzept entwickeln, wie die Öffnungsschritte konkret aussehen sollen.“ Es sei unbedingt zu vermeiden, dass hektisch uneinheitliche und nicht durchdachte Lockerungsmaßnahmen beschlossen würden.
Der Grünen-Politiker Dieter Janecek forderte, bei Lockerungen zuerst Minderjährige zu berücksichtigen. „Kinder und Jugendliche brauchen endlich wieder vollständige Normalität, sie sollten von Öffnungen als erste profitieren“, sagte er der Bild heute. Für den Jugendsport und das Vereinsleben sollten „zeitnah alle Einschränkungen fallen“.
FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus will Kindern einen „breiten Zugang zu Bildungs-, Sport- und Kultureinrichtungen“ ermöglichen. „Dies sollte unabhängig vom Impfstatus geschehen und bei Lockerungsmaßnahmen als erstes umgesetzt werden.“
Dagegen warnte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) davor, bei möglichen Lockerungen die Folgen für die Schulen aus den Augen zu verlieren. „Schulen sind keine Inseln, Infektionen werden in die Einrichtungen getragen und verbreiten sich auch hier“, sagte die Vorsitzende der GEW, Maike Finnern, dem RND.
„In anderen gesellschaftlichen Bereichen Schutzmaßnahmen zu lockern bedeutet deshalb, sehenden Auges in Kauf zu nehmen, dass die Infektionszahlen an den Schulen weiter und weiter steigen – und immer mehr Einrichtungen schließen müssen.“
Derweil geht die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) davon aus, dass die Kliniken die Omikron-Welle gut bewältigen. „Ich rechne aktuell für die kommenden Wochen nicht mehr mit einer Überlastung des deutschen Gesundheitswesens“, sagte DKG-Vorstandschef Gerald Gaß der Bild.
Die aktuellen Coronamaßnahmen sollten bis zum Höhepunkt der Omikron-Welle gelten, den die Bundesregierung in ein bis zwei Wochen erwartet. Danach könne die Politik „ohne Zweifel schrittweise Lockerungen für die kommenden Wochen ins Auge fassen“.
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