Schilddrüsenerkrankungen: Irenat wird knapp

Berlin – Der Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner (BDN) hat vor einem möglichen Versorgungsengpass bei dem Präparat Irenat gewarnt. Es kommt unter anderem bei vielen radiologischen und kardiologischen Untersuchungen zum Einsatz, um Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen zu schützen.
Laut BDN sind jodhaltige Kontrastmittel, wie sie etwa bei Computertomografien, Herzkatheteruntersuchungen oder Kardio-CTs eingesetzt werden, sind in der Regel sehr gut verträglich und werden vom Körper rasch wieder ausgeschieden.
Bei manchen Patienten könne das darin enthaltene Jod allerdings zu einer schwerwiegenden Fehlfunktion der Schilddrüse führen. „Dieses Risiko besteht hauptsächlich bei Menschen, die unter einer Schilddrüsenautonomie oder bereits unter einer Überfunktion der Schilddrüse leiden“, sagte BDN-Vorsitzender Detlef Moka.
Bei ihnen könne die erhöhte Jodaufnahme eine plötzliche, schwere Hyperthyreose auslösen „Eine mögliche thyreotoxische Krise kann sogar lebensbedrohlich sein“, so Moka. Um diese Gefahr zu vermeiden, erhalten Risikopatienten vor und nach der Kontrastmittelgabe eine medikamentöse Prophylaxe mit Irenat-Tropfen.
Das Präparat enthält den Wirkstoff Natrium-Perchlorat, der die Aufnahme von Jod in die Schilddrüsenzellen für einen bestimmten Zeitraum blockiert und damit die Überproduktion von Schilddrüsenhormonen verhindert. Das Mittel werde in vielen Bereichen der bildgebenden Diagnostik daher dringend benötigt.
Doch dem BDN zufolge reichen die aktuell noch vorhandenen Lagerbestände für Europa voraussichtlich nur noch bis Ende des Jahres 2023. „Ein zugelassenes Ersatzmedikament gibt es derzeit nicht“, verwies Moka. „Und vor der Verwendung von Chemikalien aus dem Ausland statt zugelassener Medikamente wird ausdrücklich gewarnt, da für mögliche Nebenwirkungen Versicherungen in der Regel nicht haften.“
Hinter dem Lieferengpass stecken dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zufolge wirtschaftliche Gründe. Der Hersteller steige aus der Produktion aus, weil sie sich für ihn nicht rentiere.
Das BfArM hat nach eigener Aussage zwar einen neuer Hersteller gefunden, ihm sei die Produktion zum vorgegebenen Preis jedoch ebenfalls nicht möglich. Deshalb geht das BfArM auch nicht von einem kurzfristigen Lieferengpass aus, sondern von den kommenden fünf Jahren aus.
„Wir appellieren dringend an den Gesetzgeber, den Herstellern eine wirtschaftliche Produktion zu ermöglichen“, sagte Moka. Dann bestehe die Hoffnung, dass sich der Lieferengpass deutlich vor Ablauf der nun eingeräumten Fünf-Jahres-Frist beheben lasse – und dass ein Versorgungsengpass in der Praxis abgewendet werden könne.
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