Politik

Sterbehilfe: Union drängt darauf, Abstimmung zu verschieben

  • Dienstag, 4. Juli 2023
/picture alliance, Kay Nietfeld
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Berlin – Die Spitze der Unionsfraktion dringt auf eine Verschiebung der für übermorgen im Bundestag geplanten Entscheidung über eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe.

Es gebe keine Notwendigkeit, dies in einer Situation zu tun, von der er glaube, dass die Öffentlichkeit gar nicht darauf vorbereitet sei, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt vor Journalisten in Berlin.

Die Unionsfraktion werde noch heute im Laufe des Tages auf die Ampelfraktionen von SPD, Grünen und FDP mit der Bitte zugehen, das Thema nicht in dieser Woche zur Abstimmung zu bringen, sagte der CSU-Politiker.

Die Debatte über ein solch wichtiges Thema wie die Sterbehilfe solle nicht unter dem Druck der letzten Plenarwoche vor der parlamentarischen Sommerpause geführt werden, ergänzte er.

Der Bundestag will die Sterbehilfe übermorgen neu regeln. Dem Parlament liegen dazu zwei verschiedene Anträge vor. Die Neuregelung wurde notwendig, weil das Bundesverfassungsgericht 2020 ein seit 2015 bestehendes Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe gekippt hatte. Es sah das Recht des Einzelnen auf selbstbestimmtes Sterben verletzt.

Dabei hat „geschäftsmäßig“ nichts mit Geld zu tun, sondern bedeutet „auf Wiederholung angelegt“. Das weg­weisende Urteil stößt eine Tür für organisierte Angebote auf - ausdrücklich auch mit Regulierungsmöglich­keiten wie Beratungspflichten oder Wartefristen.

Die Sächsische Landesärztekammer (SLÄK) empfiehlt den Abgeordneten des Bundestages die Ablehnung sämtlicher Gesetzentwürfe zur Suizidhilfe. SLÄK-Präsident Erik Bodendieck, mahnte, dass durch eine gesetz­liche Regelung der Suizidhilfe nicht der Eindruck entstehen dürfe, Ärzte seien dazu verpflichtet.

„Jede Ärztin, jeder Arzt kann und muss frei entscheiden, ob er Suizidhilfe leistet, oder nicht“, sagte er. Zudem müssten zuerst Suizidprävention und Palliativ- und Hospizversorgung maßgeblich ausgebaut werden.

Er kritisiert die mangelnde Einbeziehung der Ärzte in den Gesetzgebungsprozess. Gleichzeitig wiesen der Präsident und der Arbeitskreis Ethik in der Medizin auf wesentliche Schwachstellen des interfraktionellen Entwurfs in einem Positionspapier hin.

„Ein Gesetz mit so weitreichenden Folgen für unsere Gesellschaft kann nicht in einem solchen Hauruckver­fahren ohne gründliche öffentliche Debatte verabschiedet werden“, kritisierte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke (CDU), mit Blick auf die anstehende Abstimmung.

Henke monierte, eine gründliche Befassung mit den derzeit vorliegenden Gesetzentwürfen habe nicht erfol­gen können, da erst Mitte Juni zwei Gesetzentwürfe zu einem neuen Entwurf fusioniert worden seien. Selbst auf der Webseite des Bundestages seien nicht einmal die zur Abstimmung stehenden Gesetze richtig aufge­führt.

Bevor das Parlament über die Hilfe zur Selbsttötung entscheidet, sollte zudem aus Sicht der Ärztekammer Nordrhein zunächst einmal die Suizidprävention ausgebaut werden.

„Es darf nicht soweit kommen, dass ärztliches Handeln zur Dienstleistung verkommt und die Möglichkeiten der Palliativmedizin in den Hintergrund treten“, warnte heute auch der hessische Ärztekammerpräsident Edgar Pinkowski. Auch in Zukunft sei es wichtig, notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der Palliativver­sorgung durchzu­setzen, um Menschen ein würdiges und lebenswertes Lebensende zu ermöglichen.

dpa

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