Ärzteschaft

Sterbehilfe: Ärztekammer Westfalen-Lippe warnt vor „parlamentarischem Schnellschuss“

  • Montag, 3. Juli 2023
Johannes Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe. /picture alliance, Federico Gambarini
Johannes Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe. /picture alliance, Federico Gambarini

Münster – Im Vorfeld der Bundestagsdebatte zur Sterbehilfe hat sich der Präsident der Ärztekammer Westfa­len-Lippe (ÄKWL), Johannes Albert Gehle, für eine intensive gesamtgesellschaftliche Debatte ausgesprochen.

Es sei wenig zielführend, eine solch bedeutende Entscheidung in der letzten Woche vor der Sommerpause in einer knapp zweistündigen Debatte zu behandeln, kritisierte der ÄKWL-Chef in einem Brief an die Abgeordne­ten im Bundestag.

„Solch ein parlamentarischer Schnellschuss wird diesem Thema in keiner Weise gerecht“, unterstrich Gehle. Stattdessen brauche es mehr Zeit für einen tiefgehenden Austausch.

Seit das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2020 das Verbot der Sterbehilfe aufgehoben und eine gesetzliche Neuregelung gefordert hatte, fehle es an einer breiten gesellschaftlichen Diskussion, die alle relevanten Gruppen einbeziehe.

Insbesondere die geplante Rolle der Ärzteschaft wirft Gehle zufolge eine Reihe von Fragen auf. „Einerseits gibt es die Zusicherung, eine solche Sterbehilfe nicht leisten zu müssen, andererseits fällt Ärzten die Aufgabe zu, ein tödliches Medikament zu verordnen und über seine zielführende Anwendung zu informieren.“

Auch die Tatsache, dass es bei der ärztlichen Betreuung von Suizidwilligen nicht nur um schwer kranke Menschen in aussichtsloser Situation, sondern generell um Menschen mit Suizidwunsch geht, erfordert aus Sicht des Kammerchefs weitergehende Debatten.

Die ÄKWL plädiert dabei für eine genaue Differenzierung zwischen dem Sterbewunsch eines etwa depressi­ven Menschen und Situationen, in denen schwer kranke Patienten an der Grenze zwischen Leben und Tod palliativmedizinisch begleitet werden.

„In diesem Zusammenhang müssen auch die Bemühungen um Suizidprävention noch verstärkt werden“, so Gehle. Er warnte davor, die Umsetzung des individuellen Rechts auf Selbsttötung zur Maxime ärztlichen Han­delns zu machen. Suizidwünschen lebensmüder Menschen nachzukommen, sei für Ärzte ethisch und gesetz­lich nicht vertretbar.

hil/sb

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