Politik

Weiter geteiltes Echo auf Ende der Coronaiso­lationspflicht

  • Montag, 14. November 2022
/picture alliance, pressefoto_korb, Micha Korb
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Kiel – Nach der Ankündigung von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein die Coronaiso­lationspflicht auf­zuheben, hat sich am vergangenen Wochenende die kontroverse Debatte darüber weiter fortgesetzt.

Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), bezeichnet den Schritt der vier Länder als „folgerichtig“. „In Einrichtungen, in denen es ein größeres Risiko gibt, etwa in Krankenhäu­sern oder Arztpraxen, liegen mittlerweile gute Hygienekonzepte vor“, so Gassen.

Wer sich trotz Corona gesund fühle, sollte daher zur Arbeit gehen können – und dann beispielsweise eine Maske tragen. „Auf diese Weise lassen sich personelle Einschränkungen im Bereich der kritischen Infrastruktur zudem verhindern“, führte Gassen aus.

„Wir müssen zurück zur Normalität und mit Corona umgehen und leben wie mit anderen Infektionskrank­hei­ten auch“, sagte der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Stephan Hofmeister. „Im Falle gefährlicherer Varianten können Quarantäneregelungen natürlich weiterhin sinnvoll sein“, so Hofmeister.

„Wir sollten zudem grundsätzlich die Frage stellen, ob anlassloses Testen bei gesunden Menschen überhaupt noch einen Sinn ergibt, außer vielleicht in Krankenhäusern oder Pflegeheimen. Ein flächendeckendes, anlass­loses Testen machen wir auch sonst nicht in der Medizin“, erklärte KBV-Chef Gassen.

Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit hält die geplante Aufhebung der Isolationspflicht für Coronainfizierte für akzeptabel. „Ich finde diesen Vorschlag der vier Bundesländer aus medizinischer Sicht nachvollziehbar. Er ist in der aktuellen Pandemiesituation auch vertretbar“, sagte er. „Man kommt mit der Regelung ‚Wer krank ist, bleibt zu Hause‘ gut durch die nächsten Wochen und Monate.“

In Einrichtungen, in denen es eine größere Gefahr gebe – wie Krankenhäuser oder Altenheime – habe man gute Hygienekonzepte und Fachkräfte, die verhinderten, dass es zu einem problematischen Infektionsgesche­hen komme, sagte Schmidt-Chanasit. „Aber eine allgemeine Regelung für alle Bereiche ist in dieser aktuellen Situation nicht mehr angebracht und sorgt ja auch für problematische Einschränkungen in dem Bereich der kritischen Infrastruktur.“

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Nord kritisierte den Schritt. „Oberste Maxime ist weiterhin: Wer krank ist, bleibt zu Hause.“ Das sei die beste Möglichkeit, andere vor einer Infektion zu schützen, sagte die Vorsitzen­de Laura Pooth. Mit Blick auf die dünne Personaldecke im Gesundheitswesen müsse aber dafür gesorgt wer­den, dass das überhaupt möglich ist.

Michael Thomas Fröhlich, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein (UV Nord) reagierte eher verhalten auf die Entscheidung. „Die Lockerungen und das Set­zen auf mehr Selbstverantwortung ist richtig, aber Infizierte nur mit Maske an den Arbeitsplatz zu lassen, springt etwas kurz“, sagte Fröhlich. Der Arbeitsschutz müsse weiterhin gewährleistet werden. Es blieben für Unternehmen viele Fragen offen.

„Die Wirtschaft ist enttäuscht, da die Chance auf einen gemeinsamen und vor allem einheitlichen norddeutschen Weg vertan worden ist, wie die Absage Hamburgs an den Kieler Weg zeigt“, sagte Fröhlich.

Die Virologin Sandra Ciesek betonte bei Twitter: „Es gibt politische und gesellschaftliche Argumente dafür und dagegen.“ Was ihr wichtig sei zu betonen: „Keine Isolationspflicht mehr zu haben bedeutet nicht, dass COVID-19 für jeden ab jetzt völlig harmlos und nur ein Schnupfen ist.“

Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein hatten am vergangenen Freitag angekündigt, die generelle Isolationspflicht für positiv getestete Menschen aufzuheben. Der Mitteilung zufolge verständig­ten sie sich auf gemeinsame Empfehlungen als Grundlage für ihre neuen Regelungen.

Diese sehen etwa vor, dass positiv Getestete außerhalb ihrer eigenen Wohnung eine Mas­ke tragen müssen – außer im Freien, wenn ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann. Vor­gesehen ist demnach auch, dass positiv Getestete medizinische und pflegerische Einrichtungen nicht als Be­sucher betreten dürfen.

dpa/EB

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