Politik

Zahl der Pflegebegutachtungen steigt kontinuierlich an

  • Freitag, 7. Juni 2024
/picture alliance, Monika Skolimowska
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Berlin – Der Medizinische Dienst (MD) Bund ist nicht überrascht über den starken Anstieg der Zahl pflegebedürftiger Menschen, den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor kurzem verkündet hatte. Eigentlich hatte die Regierung Lauterbach zufolge ein Plus von 50.000 Pflegebedürftigen im vergangenen Jahr erwartet. Tatsächlich waren es 360.000.

„Die Anzahl der Pflegebegutachtungen durch den MD steigt seit 2016 kontinuierlich an: von 1,67 Millionen auf 2,89 Millionen im letzten Jahr“, sagte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des MD Bund, Carola Engler, gestern auf dem 4. Kongress des MD in Berlin. „Insofern wundere ich mich ein wenig über die Äußerung von Bundesgesundheitsminister Lauterbach, dass der jetzt festgestellte erhebliche Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen nicht zu erwarten gewesen ist.“

Die Anzahl der Pflegebegutachtungen sei in den vergangenen Jahren dabei zum einen infolge des demografischen Wandels und zum anderen durch die Einführung der fünf Pflegegrade im Jahr 2017 erheblich gestiegen, sagte Engler. Ein weiterer Grund sei, dass pflegebedürftige Menschen heute häufiger begutachtet würden als früher: wenn sie eine Höherstufung in einen anderen Pflegegrad beantragen.

Bei den 2,89 Millionen Pflegebegutachtungen im vergangenen Jahr erhielten 17,1 Prozent der Pflegebedürftigen den Pflegegrad 1, 30,9 Prozent den Pflegegrad 2 und 24,8 Prozent den Pflegegrad 3. Den Pflegegrad 4 erhielten 12,6 Prozent der Pflegebedürftigen, beim Pflegegrad 5 waren es 5,3 Prozent. In neun Prozent der Fälle entschied der MD, dass kein Pflegegrad vorliegt.

Pflegebegutachtung modernisieren

Wegen ihrer steigenden Zahl sei es dringend erforderlich, die Pflegebegutachtung an die sich ändernden Rahmenbedingungen anzupassen, meinte Engler. Denn das steigende Begutachtungsvolumen werde nicht ausschließlich durch Effizienzsteigerungen in den Prozessen oder durch die Aufstockung von Personal zu kompensieren sein. Stattdessen müsse die Pflegebegutachtung modernisiert und flexibilisiert werden.

„Bei der Erstbegutachtung ist der Hausbesuch mit direktem Versichertenkontakt weiterhin unverzichtbar“, betonte Engler. Für Höherstufungen sei jedoch auch die telefonische Pflegebegutachtung möglich. „Zudem ist zu prüfen, ob und wie Künstliche Intelligenz bei der Pflegebegutachtung eingesetzt werden kann“, so Engler.

Eine Übertragung der Pflegebegutachtung auf Pflegekräfte in Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten – so, wie es in den Eckpunkten des Pflegekompetenzgesetzes vorgesehen ist – lehnte Engler jedoch ab. Denn diese würde zu einer Vermischung von Interessen führen. Einrichtungen hätten ein Interesse an hohen Pflegegraden, weil diese dazu beitrügen, die Kosten in den Heimen zu decken.

Eine bedarfsgerechte Allokation von Leistungen wäre dann nicht mehr sichergestellt. Zudem würden durch eine Übertragung der Begutachtungsaufgaben auf die Pflegekräfte in den Heimen und ambulanten Diensten keine freien Ressourcen für die Pflege am Bett entstehen, meinte Engler.

fos

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