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Auch psychisch kranke Asylbewerber müssen Behandlung bekommen können

  • Freitag, 1. März 2024
/pressmaster, stock.adobe.com
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Kassel – Auch Traumata oder andere psychische Erkrankungen von Asylbewerbern können eine „akute Er­krankung“ sein, für deren Behandlung die jeweilige Aufenthaltskommune aufkommen muss. Das ist der Fall, wenn sich eine schwere Erkrankung sonst unumkehrbar verschlechtert, wie gestern das Bundessozialgericht (BSG) in zwei Fällen in Kassel entschied (Az. B 8 AY 2/23 R und B 8 AY 3/23 R).

Der erste Kläger litt an einer posttraumatischen Belastungsstörung aufgrund einer Inhaftierung in der Türkei; in einer Abschiebesituation kam die Sorge eines Suizids hinzu. 2013 wurde er gut vier Monate lang in einer psychiatrischen Klinik behandelt.

Im zweiten Fall litt ein Geflüchteter aus Afghanistan an einer „depressiven Episode“, nachdem der Mitbewoh­ner seines Zimmers in der Flüchtlingsunterkunft einen Selbstmordversuch begangen hatte. Die jeweilige Auf­enthaltskommune lehnte die Übernahme der Kosten in Höhe von 27.800 beziehungsweise 9.000 Euro ab. Es handele sich nicht um „akute Erkrankungen“, für deren Behandlung die Kommunen aufkommen müssten.

Dem widersprach nun das BSG. Eine akute Erkrankung könne auch dann vorliegen, wenn sich eine ältere Er­krankung so verschlimmere, dass eine Behandlung aus medizinischen Gründen unaufschiebbar werde und die Behandlung während des voraussichtlichen Aufenthalts abgeschlossen werden könne. Akut sei eine Krankheit zudem immer, „wenn ein Schmerzzustand behandelt werden muss“.

Hier sei bei beiden Klägern eine sofortige stationäre Behandlung medizinisch angezeigt gewesen, betonte das BSG. „Dies ist unter anderem bei schweren psychosozialen Belastungen und fehlenden Bezugspersonen der Fall, wenn keine weitere Möglichkeit (ambulanter) sozialer Unterstützung (...) zur Verfügung steht.“

Der zweite Kläger habe eine solche ambulante Unterstützung schon deshalb nicht in Anspruch nehmen können, weil der zuständige Landkreis eine Kostenübernahme für die Fahrtkosten abgelehnt hatte.

Zuständig ist laut BSG diejenige Kommune, in der sich der Flüchtling regelmäßig aufhält oder, seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2015, wegen einer entsprechenden Wohnsitzauflage aufhalten sollte.

afp

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