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BGH-Urteil erschwert Kontrolle von Beitragserhöhungen in der PKV

  • Donnerstag, 21. März 2024
/nmann77, stock.adobe.com
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Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat zugunsten von Versicherungsunternehmen ent­schieden und privat Krankenversicherten die Überprüfung von Beitragserhöhungen erschwert.

Nach einem gestern verkündeten Urteil muss der Versicherer nicht im Detail vorrechnen, in welcher Höhe und aus welchen Gründen er auf Rückstellungen zurückgegriffen hat, um anstehende Beitragserhöhungen zu begrenzen (Az. IV ZR 68/22).

Im Streitfall geht es um Beitragserhöhungen im Tarif Q der Axa Krankenversicherung 2017 im Umfang von knapp 159 Euro monatlich. Der Kläger aus Berlin meint, die Erhöhung sei insgesamt unwirksam, weil dem Treuhänder zur Überprüfung nicht alle Unterlagen vorgelegen hätten.

Hintergrund ist, dass private Krankenversicherer bei Beitragserhöhungen in zwei Schritten vorgehen: Zu­nächst berechnen sie, wie viel zusätzliches Geld nötig ist, etwa wegen höherer Leistungsauszahlungen oder einer gestiegenen Lebensdauer.

Im zweiten Schritt prüfen sie, in welchem Umfang sie auf Rücklagen zurückgreifen können, um die Beitrags­erhöhungen zu begrenzen, die sich aus der „Nachkalkulation“ ergeben. Diesem Zugriff auf die Rücklagen muss ein unabhängiger Treuhänder zustimmen.

Dazu urteilte nun der BGH, dass in diesem zweiten Schritt „lediglich besonders schwerwiegende Verstöße ge­gen die schutzwürdigen Interessen der Versicherten“ ein gerichtliches Eingreifen rechtfertigen können. Sofern die Nachkalkulation im ersten Schritt den gesetzlichen Anforderungen genüge, bleibe diese bei einem Fehler der Beitragsbegrenzung in zweiten Schritt unberührt.

Als Konsequenz kann sich nach dem Karlsruher Urteil nicht die Unwirksamkeit der ganzen Beitragserhöhung, sondern allenfalls ein Anspruch auf eine stärkere Begrenzung dieser Erhöhung ergeben.

Dabei trage der Versicherungsnehmer die Beweislast, dass die „Limitierungsentscheidung“ den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Dabei müsse der Versicherer nur die Parameter vortragen, die zu seiner Ent­schei­dung geführt haben, nicht aber ein konkretes „Limitierungskonzept“. Nach diesen Maßgaben soll nun das Kammergericht Berlin neu über den Streit entscheiden.

Damit dürften es privat Versicherte künftig schwerer haben, gegen steigende Prämien vorzugehen – gleich­zeitig dürfte die Entscheidung vor allem Landgerichte entlasten. Sie haben es derzeit nach Worten des Vor­sitzenden des 4. Senats mit einer wahren Prozesslawine klagender Versicherungsnehmer zu tun. Die Zahl der Verfahren überschreite inzwischen die Zahl der Verfahren im Dieselskandal, hieß es.

Die Axa begrüßte das Urteil. Der BGH habe damit bekräftigt, dass bisher vorgelegte Unterlagen ausreichten und Versicherern keine weitergehenden Dokumentationspflichten aufgebürdet werden können.

Schon während der Verhandlung hatte der Senat unterstrichen, dass es bei der Verwendung von Rückstellun­gen nicht um die Belange eines Einzelnen, sondern um das Interesse der Gemeinschaft der Versicherten gehe. Treuhänder müssten laut Gesetz ohnehin überprüfen, was mit den Rückstellungen geschieht und bekämen dafür umfangreiche Informationen von Versicherern.

dpa/afp

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