Erneut Straftäter entlassen wegen Platzmangels im Maßregelvollzug

Berlin – In Berlin ist erneut ein verurteilter Straftäter wegen Platzmangels im Maßregelvollzug aus der Haft entlassen worden. Das gab Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) heute bekannt.
Der wegen Drogenhandels zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilte Mann kam demnach am 10. Februar frei. Erst wenige Tage zuvor war ein Clanmitglied, das wegen eines Geldtransporterüberfalls verurteilt worden war, aus demselben Grund vorzeitig entlassen worden.
Es drohen weitere derartige Fälle: Nach Angaben der Berliner Staatsanwaltschaft warten derzeit 16 verurteilte Männer darauf, in den Maßregelvollzug zu kommen. Zuvor hatte der Tagesspiegel berichtet.
Kreck sieht angesichts der „Missstände“ dringend Handlungsbedarf. Da der Maßregelvollzug der Senatsgesundheitsverwaltung untersteht, soll nun gemeinsam an einer Lösung für die seit Monaten angespannte Situation gefunden werden.
Sie stehe im „produktiven Austausch“ mit Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne), sagte sie. In der kommenden Woche solle ein Fahrplan für das weitere Vorgehen vereinbart werden, sagte ein Sprecher Gotes. Um das über viele Jahre entstandene Problem zu lösen, brauche es eine „gemeinsame Kraftanstrengung“.
In den Maßregelvollzug kommen Straftäter, wenn ein Gericht diese als psychiatrisch auffällig oder suchtkrank einstuft. Ein Problem für die Überlegung könnten Fachleuten zufolge auch die derzeitigen Vorgaben sein. Seit Jahren arbeitet eine Kommission an dem Thema, um die Rahmenbedingungen zu verbessern.
Die Ärztekammer Berlin hatte im Januar des Jahres zudem „unhaltbare Zustände“ im Krankenhaus des Maßregelvollzugs in Berlin kritisiert. Laut Gesundheitsverwaltung sind dort derzeit rund 600 Straftäter untergebracht, genehmigt sind nur 541 Betten.
Es handelt sich nicht um ein reines Berliner Problem. Auch in anderen Bundesländern gibt es Kapazitätsprobleme im Maßregelvollzug. In Berlin führte dies jedoch zuletzt dazu, dass der Staatsanwaltschaft im Fall des Clan-Mitglieds regelmäßig mitgeteilt wurde, es gebe keine Kapazitäten.
Da bis Mitte Januar 2023 eine Aufnahme in den Maßregelvollzug nicht absehbar war, habe man den Mann nicht länger in Haft halten können, so die Behörde. Die restliche Strafe des Verurteilten verfalle durch die Freilassung aber nicht, hieß es. Er werde zu gegebener Zeit wieder vorgeladen.
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