Vermischtes

Experten schlagen spürbare Preiserhöhungen für Zigaretten vor

  • Mittwoch, 4. Dezember 2019
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Berlin – Experten des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) haben sich für spür­bare Preis­erhöhungen von Zigaretten ausgesprochen. „Wir schlagen eine Steuererhöhung von 30 Prozent in drei Schritten vor“, sagte Ute Mons vom DKFZ heute anlässlich der 17. Deutschen Konferenz für Tabakkontrolle in Heidelberg.

Höhere Preise hätten vor allem auf preissensible Jugendliche abschreckende Wirkung. Langfristziel müsse ein rauchfreies Deutschland bis 2040 sein, wie es Finnland bereits anstrebe. Tabaksteuererhöhungen seien die wirksamste Maßnahme gegen das Rauchen.

„Das Rauchen ist der bedeutsamste, aber vermeidbare Risikofaktor für nicht übertragbare Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen“, sagte Mons, die Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention ist. Die Sucht, der 26 Prozent der Männer und 18,5 Prozent der Frauen anhängen (Stand: 2017), verursache 120.000 Todesfälle pro Jahr, erläuterte sie.

Nach Berechnungen von Tobias Effertz von der Universität Hamburg sind die volkswirt­schaftlichen Kosten des Rauchens von knapp 80 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf 97,2 Milliarden Euro 2018 gestiegen. Darin enthalten sind etwa Kosten für die Behandlung von rauchbedingten Krankheiten, für Pflege und Reha, Arbeitsunfähigkeit und Frühver­ren­tung. Würden diese Kosten in den Kaufpreis eingerechnet, würde eine Packung Ziga­retten bei um die 14 Euro liegen.

Effertz möchte eine 30-prozentige Tabaksteuererhöhung wegen der Schockwirkung in einem Rutsch. Überdies müssten die älteren Raucher in den Blick genommen werden: Auch nach langen Raucherkarrieren führe ein Rauchstopp zu deutlichen Gesundheitsver­besserungen und damit zu sinkenden Kosten.

Kritik an Bundesregierung

Der Ökonom und die DKFZ-Expertin Mons warfen der Bundesregierung vor, dass Deutsch­land als letztes Land in der EU noch Plakatwerbung für Tabakprodukte erlaube. Effertz be­tonte, es laufe dem Kinder- und Jugendschutz zuwider, dass in von Kindern und Ju­gend­lichen besuchten Kinofilmen nach 18 Uhr Tabakprodukte beworben werden dürften.

Verboten ist Tabakwerbung etwa schon in Radio und Fernsehen, Zeitungen und Zeit­schrif­ten. In der vorigen Wahlperiode war ein Anlauf zur Ausweitung gescheitert. Die Ziga­retten­branche argumentiert unter anderem, ein vollständiges Verbot wäre ein unverhält­nis­mäßiger Eingriff in die Werbefreiheit.

Das DKFZ verlangt überdies striktere Regularien für E-Zigaretten. Es sieht E-Zigaretten ebenfalls als gesundheitsschädlich an, auch wenn Tabakzigaretten wahrscheinlich ge­fähr­licher seien. E-Zigaretten sollten ebenfalls nicht beworben werden dürften.

Auch hier seien höhere Steuern ratsam, um Nutzer zum Ausstieg zu bewegen und Ju­gend­liche vom Einstieg abzuhalten. Tier- und Zellversuche deuteten darauf hin, dass E-Ziga­retten Atemwege und das Herz-Kreislaufsystem schädigten. Valide Daten werde es dazu erst in fünf Jahren geben, sagte Mons. Widerstände gegen Steuererhöhungen sieht sie bei der Union, mehr Offenheit bei der SPD.

Keine Ausnahmen vom Tabakwerbeverbot

Bereits gestern hatte das Bündnis „Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten“ (DANK) erneut die Umsetzung eines bundesweiten Tabakwerbeverbots ohne Ausnah­me von E-Zigaretten verlangt. „Nach jahrelangem Stillstand ist nun eine zügige Erarbei­tung eines Gesetzentwurfs und die Verabschiedung des Gesetzes noch in dieser Legisla­turpe­riode überfällig“, sagte Mons für die DANK-Initiative gestern.

„Weitere Verzögerungen spielen nur der Tabakindustrie in die Hand, die ihre Werbeausga­ben schon in den letzten Jahren enorm nach oben getrieben hat“, meinte sie weiter. Die Werbeausgaben der Tabakindustrie seien 2017 um rund 15 Prozent im Vergleich zum Vor­jahr gestiegen, auf fast 250 Millionen Euro, hieß es mit Verweis auf den aktuellen Dro­gen- und Suchtbericht.

Mehrere aktuelle Studienergebnisse unterstützen die Forderungen der Wissenschafts­or­gani­sationen: So untersuchte das Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung in Kiel die Wirkung von E-Zigarettenwerbung auf junge Menschen. Dazu wurden 6.902 deutsche Schüler nach ihrer Kenntnis bestimmter Werbeinhalte und ihrem Rauchverhalten befragt.

Fast 39 Prozent der Schüler waren der Werbung ausgesetzt, rund 22 Prozent der Jugendli­chen hatten bereits E-Zigaretten ausprobiert. Daraus schlossen die Forscher um Julia Hansen, dass es eine signifikante Assoziation zwischen Exposition und Verhalten gebe.

Dass die Forderung nach einem Werbeverbot auch in der Bevölkerung verbreitet ist, zeigt die fortlaufende Umfrage „Deutsche Befragung zum Rauchverhalten“ (DeBRa) im Bundes­gesundheitsblatt. 57 Prozent der 2.019 Teilnehmer stimmten für ein Werbeverbot von E-Zigaretten und anderen sogenannten alternativen Nikotinabgabesystemen. Elf Prozent stimmten dagegen. Dabei sprachen sich auch 46 Prozent der Tabakraucher und knapp 65 Prozent der Exraucher für ein Verbot aus. Zudem unterstützten fast 43 Prozent der Nutzer von E-Zigaretten ein Verbot.

„Die Debatte um die Einbeziehung der E-Zigaretten in das Werbeverbot sollte nicht dazu benutzt werden, den Gesetzentwurf weiterhin zu verzögern“, betonte Mons in Bezug auf stockende Gespräche innerhalb der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Auch in der Tabak­rahmenkonvention der Vereinten Nationen werde bereits seit Jahren ein umfassen­des Verbot gefordert.

DANK ist ein Zusammenschluss von 22 medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaf­ten, Verbänden und Forschungseinrichtungen und setzt sich in verschiedenen Themenge­bieten für Prävention ein. Unter den Mitgliedern finden sich unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, die Deutsche Herzstiftung sowie der Deutsche Hausärzteverband und mehrere Diabetes- und Krebsgesellschaften.

dpa/jff

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