Vermischtes

Falschnachrichten im Netz lassen sich kaum korrigieren

  • Montag, 8. November 2021
/Christian Horz, stock.adobe.com
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Berlin – Fake News verbreiten sich in den sozialen Medien viel schneller als andere Nachrichten. Zudem sind sie kaum zu korrigieren. Das berichtete die Sozialpsychologin Nicole Krämer, Universität Duisburg-Essen, bei der Veranstaltung „Fakt und Fake: Meinungsbildung in der digitalen Welt“ der Deutschen Psy­chotherapeutenVereinigung (DPtV).

„Desinformationen sind ein hochsensibles Thema, das gerade in der Coronapandemie zum Tragen kam“, betonte der DPTV-Bundesvorsitzende Gebhard Hentschel. Negative Kommentare werden Krämer zufolge in Social-Media-Foren deutlich häufiger kommentiert als positive Kommentare.

„Es sind vor allem Menschen, die für die Verbreitung von Fake News verantwort­lich sind und keine Bots“, betonte die Wissenschaftlerin Krämer aufgrund ihrer aktuellen Forschung zu sozial­psychologischen As­pekten der Meinungsbildung in sozialen Medien.

Denn das Internet bestehe aus Menschen und Meinungsbildung sei ein „inhärent sozialer Prozess und Menschen grundsätzlich kompetent in der Meinungsbildung“, so Krämer. Die Wissenschaftlerin verwies auf einen eigenen Wikipedia-Eintrag über Falschinformationen zur COVID-19-Pandemie.

Falsche Nachrichten sind schlimmer als man denkt, denn „eine einmal verarbeitete Information ist nur sehr schwer nachträglich zu korrigieren“, warnte Sozialpsychologin Krämer. Falsche Informationen, die in bestehende Strukturen und Erklärungsmodelle plausibel eingebaut werden, könnten nur schwer von richtigen Nachrichten überschrieben werden. Besonders treffe dies auf Menschen mit geringen kogni­ti­ven Fähigkeiten zu, auf Menschen mit rechtsgerichteten Sichtweisen sowie auch auf ältere Menschen.

„Wir können alle gegensteuern“, betonte Krämer. Man sollte nicht nur die Schlagzeile lesen, sondern die Quellen anschauen. Denn beispielsweise würden 50 Prozent aller Links auf Twitter geteilt, ohne aufge­rufen worden zu sein. Wichtig sei zudem die Plausibilität einer Nachricht zu prüfen sowie kritisch zu hinterfragen, wer sie verbreitet und aus welchem Grund.

Wahr oder unwahr sind keine Kriterien für die Medienaufsichtsbehörden

Als „Operation an der Herzkammer freier Medien“, beschrieb Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, die Tätigkeit seiner Regulierungsbehörde. „Wahr oder unwahr sind bei uns keine Krite­rien. Wir prüfen, ob ein Anbieter gegen journalistische Sorgfalt verstößt, im Zweifel entscheiden wir aber für die Meinungsfreiheit“, betonte er.

Die Aufsichtsbehörden konzentrierten sich auf die inhaltsneutrale Überprüfung handwerklich sauberer Arbeit beziehungsweise darauf, ob ein Beitrag mittels technischer Hilfsmittel manipuliert worden sei. Tätig werden Schmidt zufolge die Behörden bei „Identitätsmanipulation“, wenn durch duplizierte Profile der Eindruck massenhafter Verbreitung entsteht.

Ebenso bei „Reichweitenmanipulation“, wenn der Eindruck erweckt wird, dass die Resonanz auf eine These im Netz viel größer ist als tatsächlich. Und auch bei der Manipulation von Inhalten griffen die Behörden regulierend ein. Hier spiele Deep-Fake, also die Manipulation von Videos mittels lernfähiger Software, eine immer größere Rolle.

Der Direktor der Landesmedienanstalt kritisierte, dass derzeit die Regulierung von Desinformationen allein durch die Social Media Netzwerke selbst erfolge. Darauf hätten sich Facebook, Twitter und Co im „Code of Practice on Disinformation“ geeinigt. „Es ist keine gute Idee, dass Unternehmen Entscheidungen darüber treffen, was richtig und was falsch ist. Hier müsste der Gesetzgeber eingreifen können“, sagte Schmid.

Schmid appellierte an die gesamte Gesellschaft, Verantwortung dafür zu übernehmen, dass Falschinfor­mationen sich nicht wie bisher verbreiten. Möglich sei dies unter anderem mittels mehr Medienkompe­tenz. Diese sollte bereits in den Schulen gestärkt werden, ergänzte Krämer. Besser als lange Broschüren seien hier kurze Texte und Warnhinweise in verständlicher Sprache.

pb

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