Psychotherapeuten: Hohe Auslastung in Sachsen und Thüringen

Dresden – Die verstärkte Nachfrage nach psychotherapeutischer Hilfe belastet das Versorgungssystem spürbar. Darauf hat die Sprecherin der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer (OPK), Antje Orgass, hingewiesen. Die Zahl der entsprechenden Anfragen in Sachsen und Thüringen sei enorm gestiegen.
„Die Pandemie traf auf ein Versorgungssystem, das bereits völlig ausgelastet war“, sagte Orgass. Eine Befragung bei Kinder- und Jugendpsychotherapeuten habe ergeben, dass schon fast gesund entlassene Patienten mit Symptomen wieder in die Praxen zurückgekehrt seien. Neue Patienten hätten es deswegen schwer – die Versorger sind derzeit ausgelastet.
Orgass zufolge leiden die meisten Kinder und Jugendlichen, die seit der Coronapandemie behandelt werden, an Angst- und Zwangsstörungen, Depressionen oder Manien, Essstörungen, Schul- und Leistungsängsten sowie Computerspielstörungen bis hin zu Suchtverhalten.
Wie lange Patienten auf einen Behandlungstermin beim Psychotherapeuten mittlerweile warten müssen, konnte Orgass nicht sagen. Die Anfragen hätten seit Corona aber enorm zugenommen. Dem Gesundheitsministerium in Dresden ist die durchschnittliche Wartezeit in Sachsen für eine ambulante psychotherapeutische Behandlung ebenfalls nicht bekannt.
Auch die AOK Plus in Dresden kann keine endgültigen Angaben zu Wartezeiten machen. „Aus zahlreichen Gesprächen mit unseren Versicherten wissen wir jedoch, dass regional unterschiedliche, teilweise lange Wartezeiten für eine Regelbehandlung bestehen“, sagte eine AOK-Sprecherin. „Wenden sich Versicherte mit der Bitte um Unterstützung an uns, sind auch wir mittlerweile an unsere Grenzen gestoßen und verweisen an die Terminservicestellen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen.“
Man befinde sich im regelmäßigen Austausch mit der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) mit dem Ziel, die Versorgungssituation zu verbessern, betonte die AOK-Sprecherin. Die Anzahl der ambulant tätigen Psychotherapeuten habe sich in den vergangenen Jahren stets erhöht.
Statistisch sei Sachsen optimal versorgt. Der rechnerische Versorgungsgrad liege bei durchschnittlich 121 Prozent, alle Planungsbereiche hätten mehr als 110 Prozent, Neuzulassungen seien gesperrt. Es gebe keine Regionen mit drohender Unterversorgung.
In Thüringen sei die Lage bei Therapieplätzen für Erwachsene und in den großen Städten wie Erfurt oder Jena besonders ernst, sagte Dagmar Petereit, thüringische Landesvorsitzende der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung (DptV). Aktuell könne es vorkommen, dass Patienten vereinzelt zwischen eineinhalb und zwei Jahre auf den Beginn einer Therapie warten müssten.
Als langfristiger Ausweg wäre aus Sicht der Kammer eine angepasste Bedarfsplanung auf Bundesebene nötig. „Vor allem bräuchten wir eine Bedarfsanalyse“, ergänzt Petereit. „Wie viele Therapeuten eigentlich nötig wären, wurde nie richtig untersucht.“
In Sachsen gibt es aktuell 1.771 Erwachsenen- und 383 Kinder- und Jugendpsychotherapeuten sowie 68 doppelt approbierte Therapeuten, die sowohl Erwachsene als auch Kinder behandeln dürfen. In Thüringen gibt es der OPK zufolge aktuell 640 Erwachsenen-Psychotherapeuten, 222 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und 45 doppelt approbierte Therapeuten.
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