Vermischtes

Viele Radikalisierungen durch Corona unerwartet

  • Mittwoch, 23. Februar 2022
/picture alliance, Frank Hoermann, SVEN SIMON
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Hamburg – Mehr als die Hälfte der Verdächtigen in Verfahren wegen politisch motivierter Straftaten mit Coronabezug sind der Polizei zuvor unbekannt gewesen. Das Spektrum der Tatverdächtigen sei sehr he­terogen, sagte der Leiter der Staatsschutzabteilung des Bundeskriminalamtes (BKA), Oliver Krambrich, dem Norddeutschen Rundfunk (NDR).

„Das reicht von der sogenannten bürgerlichen Mitte über Impfgeg­ner, Esoteriker, Verschwörungsthe­ore­tiker bis hin zu Personen und Gruppierungen aus extremistischen Lagern.“ Man beobachte eine Radikali­sierung von Menschen, von denen man es nicht wirklich hätte erwarten können, warnte Krambrich im Interview mit dem Rechercheformat STRG_F (NDR/funk) und dem ARD-Politikmagazin Panorama.

Für die Sicherheitsbehörden sei es eine Herausforderung, „gezielte Prognosen zu treffen, diese Personen im Blick zu behalten und frühzeitig Erkenntnisse zu gewinnen“.

Zu politisch motivierten Straftaten mit Coronabezug zählen die Behörden neben Sachbeschädigungen und körperlichen Übergriffen auch Brandanschläge. Im Coronakontext geht es etwa um Personen, die impfende Ärzte tätlich angreifen oder Brandanschläge auf Teststationen verüben.

Im vergangenen Jahr gab es nach den Recherchen mindestens 19 solcher Brandanschläge, bei denen zumindest der Verdacht besteht, sie könnten von Coronagegnern verübt worden sein. Seit Jahresbeginn waren es demnach bereits sechs solcher Brandanschläge, unter anderem auf ein Rathaus, ein Gesund­heitsamt und mehrere Coronateststationen.

Die rasche Radikalisierung während der Coronapandemie bereite den Sicherheitsbehörden Sorgen. „Die Dinge laufen heute im stillen Kämmerlein ab, zu Hause und in den Echokammern der sozialen Medien. Das sind die Brandbeschleuniger für die Radikalisierung“, sagte der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Sachsen, Dirk-Martin Christian.

Nicht selten gehe es nicht mehr nur um Protest gegen Coronamaßnahmen, sondern um die Ablehnung der Regierung und der freiheitlich-demokra­tischen Grundordnung.

„Wir erleben Menschen, die diesen Staat nicht nur ablehnen, sondern diesen Staat überwinden wollen, obwohl sie keine Rechts- oder Linksextremisten sind, sondern bisher ideologisch überhaupt nicht fest­gelegt waren“, mahnte der Verfassungsschützer. Die gemeinsame Klammer dieser potenziellen Täter sei „das extremistische Gedankengut, also die Absicht, diesen Staat zu stürzen“.

kna

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