Weitere Coronafälle in Schlachthöfen

Berlin – Bei großangelegten Testung auf SARS-CoV-2 in Bayern und Schleswig-Holstein sind weitere Fälle aufgedeckt worden. Das teilten die Behörden beider Bundesländer jetzt mit.
In Bayern ist das neuartige Virus an einem Schlachthof im Landkreis Straubing-Bogen bei 59 Menschen festgestellt worden. Insgesamt sind nach aktuellem Stand damit 77 Mitarbeiter infiziert.
Gemeinschaftsunterkünfte, in denen betroffene Mitarbeiter leben, werden nach Angaben des Landratsamts unter Quarantäne gestellt. Infizierte, die dort nicht isoliert werden können, würden in eine zentrale Unterkunft gebracht. „Dort überwacht auch ein Sicherheitsdienst die Quarantäne.“ Dolmetscher seien dabei.
Bei 18 Beschäftigten der Donautal-Geflügelspezialitäten in Bogen war das Coronavirus SARS-CoV-2 nachgewiesen worden. Daraufhin hatten die Behörden eine Reihenuntersuchung aller Mitarbeiter angeordnet. Die dafür nötigen Abstriche wurden am vergangenen Dienstag und Mittwoch genommen.
Bei der Firma, die zum Wiesenhof-Konzern gehört, arbeiten laut der Behörde 1.021 Mitarbeiter, darunter 525 Werkvertragsbeschäftigte. Von Wiesenhof gab es heute zunächst keine Stellungnahme.
Untersucht wurden nach Angaben des Landratsamts und des bayerischen Gesundheitsministeriums bisher 923 Proben. Das Gesundheitsamt lädt die etwa 150 wegen Krankheit, Urlaubs oder aus anderen Gründen abwesenden Mitarbeiter zu Nachtests vor, wie es hieß.
„Die Gesundheit der Bevölkerung hat oberste Priorität. Unser klares Ziel muss sein, jetzt gemeinsam so konsequent und umfassend zu reagieren, dass eine weitere Infektionsausbreitung verhindert wird“, erklärten Landrat Josef Laumer und Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr (beide CSU).
So soll auch eine mögliche Rücknahme von Lockerungen der Anti-Pandemie-Maßnahmen verhindert werden, die nötig wäre, wenn es binnen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner gibt. Von den neu positiv getesteten Personen stammen 35 aus dem Landkreis Straubing-Bogen, 16 aus der Stadt Straubing, drei aus Nachbarlandkreisen und fünf aus Tschechien.
Das Gesundheitsministerium hatte infolge der Fälle in Bogen erklärt, dass nicht die Arbeit im Schlachthof selbst zu einer besonderen Infektionssituation führe, sondern vielmehr die Gemeinschaftsunterkünfte in den Blick genommen werden müssten, wo viele Beschäftigte untergebracht werden.
Daher soll das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) Reihentestungen von Mitarbeitern aller 51 Schlachthöfe im Freistaat durchführen. Ministerin Melanie Huml (CSU) sagte: „Ziel ist, dass spätestens Ende nächster Woche die Tests abgeschlossen sind.“
Fälle in Husum
Auch in Schleswig-Holstein gibt es nach Coronatests der Mitarbeiter großer Schlacht- und Zerlegebetriebe weitere Fälle. Der Kreis Nordfriesland meldete gestern drei Fälle von SARS-CoV-2 aus dem Umfeld des Schlachthofes Husum.
„Alle drei Personen zeigen nur leichte Symptome. Wir haben für sie und 32 weitere Kontaktpersonen häusliche Quarantäne angeordnet“, sagte Landrat Florian Lorenzen. Der Betrieb auf dem Schlachthof in Husum kann weiterlaufen.
Insgesamt wurden im Zusammenhang mit dem Husumer Schlachthof rund 340 Personen getestet. Sie gehören teils zur Stammbelegschaft des Betriebes, teils zu Subunternehmen. Auch 29 Mitarbeiter des Kreisveterinäramtes sind darunter, weil sie für die Kontrolle der Fleischhygiene auf dem Schlachthof verantwortlich sind.
Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) sagte gestern im Sozialausschuss des Landtags, in einigen der Betriebe liefen die Tests des Personals auf das neuartige Coronavirus aber noch. Von einem Schlachthof im Kreis Steinburg fielen die Tests der 152 Mitarbeiter in 133 Fällen negativ aus. Ein Teil der Mitarbeiter ist derzeit in Urlaub.
Am 8. Mai hatte die Landesregierung auf die hohe Zahl an Coronafällen in einem mittlerweile geschlossenen Schlachthof in Bad Bramstedt (Kreis Segeberg) reagiert und Tests für die Belegschaften aller großen Schlachthöfe angeordnet. Nach derzeitigem Stand seien dort 124 Mitarbeiter positiv auf das neuartige Coronavirus getestet worden, sagte Garg.
Der Gesundheitsminister äußerte sich auch zu den Wohnbedingungen der Mitarbeiter, ein großer Teil der ausländischen Mitarbeiter ist auf dem Gelände einer Kaserne im Kreis Steinburg in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht. Enge Kontakte der Betroffenen hätten auch durch die „gemeinsamen Fahrten per Schlachthofbus zur Arbeit“ bestanden. Nach Angaben der Landesregierung gibt es in Schleswig-Holstein derzeit etwa 50 Schlachtbetriebe, davon etwa sechs größere.
Die Mehrheit der infizierten Mitarbeiter einer Fleischfabrik in Birkenfeld bei Pforzheim in Baden-Württemberg hat das Coronavirus nach Angaben des Landratsamts Enzkreis hinter sich. Von den 399 Mitarbeitern, die seit dem 7. April positiv getestet wurden, seien mittlerweile 283 wieder genesen, teilte die Behörde gestern mit.
Die übrigen seien noch in häuslicher Quarantäne oder in einer speziellen Einrichtung untergebracht. Auf Druck der Behörden muss der Betrieb Müller Fleisch nun einen Entwurf für einen Pandemieplan vorlegen, um die Ausbreitung des neuartigen Virus zu verhindern.
In mehreren Schlachthöfen in Deutschland hatte es zuletzt hohe Zahlen an Infektionen mit SARS-CoV-2 gegeben. Neben Birkenfeld waren Belegschaften in Coesfeld und Oer-Erkenschwick (Nordrhein-Westfalen) betroffen.
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