SARS-CoV-2: Empfehlungen für infizierte Schwangere aktualisiert

Berlin – Mehrere Fachgesellschaften haben ihre Empfehlungen dazu aktualisiert, was für Schwangerschaft und Geburt im Falle einer SARS-CoV-2-Infektion zu beachten ist. Die Erkenntnisse sind online verfügbar.
Die Gesellschaften – die Federführung lag bei der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM) – passen damit ihre eigenen nationalen Empfehlungen vom März dieses Jahres dem aktuellen Wissensstand an und berücksichtigen zudem das internationale Konsensuspapier der Cochrane Pregnancy and Childbirth Group.
Die Nachrichten für die Schwangeren sind positiv: Weder gibt es Hinweise für ein erhöhtes Infektionsrisiko, noch dafür, dass das Risiko für einen schwereren Verlauf erhöht wäre, heißt es in den deutschen Empfehlungen. Für Schwangere genügen die allgemeinen Schutzmaßnahmen und die Symptome sind ähnlich wie bei nicht schwangeren Frauen im gebärfähigen Alter, wobei Fieber und Husten dominieren.
Ob es vermehrt zu Komplikationen, etwa einer erhöhten Frühgeburtlichkeit in der Schwangerschaft kommt, lässt sich nicht mit Sicherheit ausschließen. Aus der ersten Auswertung der britischen UKOSS-Registerdaten lässt sich eine Frühgeburtsrate von 25 Prozent ableiten, wobei vier Fünftel iatrogen bedingt war, um wegen der Beeinträchtigung der Mutter die Entbindung vorzuverlegen.
Allein in 12 Prozent war dies der mütterlichen respiratorischen Beeinträchtigung geschuldet. Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in den USA haben vor kurzem Schwangere in die Risikogruppen mit aufgenommen. Es gebe Hinweise, dass schwangere Frauen mit COVID-19 eher stationär aufgenommen würden und eher auf die Intensivstation zur Beatmung kämen, als nicht schwangere Frauen.
Ob dies allerdings erhöhter Vorsicht geschuldet ist, ist unklar. Vieles sei ungewiss, schreiben die CDC, denn das Sterblichkeitsrisiko sei bei Schwangeren nicht erhöht. Nach wie vor ist auch ungewiss, ob es eine intrauterine Transmission des Virus von der Mutter auf das Ungeborene gibt.
Die praktischen Empfehlungen, die die Gesellschaften daraus im Einzelnen ableiten, lassen individuelle Abweichungen zu, etwa beim Mundschutz der Gebärenden: der wird für die infizierte Schwangere grundsätzlich empfohlen, auch für eine (nicht infizierte) Begleitperson, es soll aber die Sauerstoffversorgung der Schwangeren überprüft werden.
Allerdings gibt es einzelne Krankenhäuser, die bereits ankündigten, dass in ihren Kreißsäalen eine Schwangere ohne Mundschutz gebären darf. Zudem hat der Fall einer Mutter, die während ihrer Geburt mit der Maske Atemnot und Erstickungsangst bekam und dann unter Panikattacken erlitt, medial Wellen geschlagen.
Wichtig ist der Eigenschutz des Personals, um sich vor Ansteckung zu schützen. Bereits jetzt wird der Personalmangel in manchen Geburtskliniken dadurch verschärft, dass Hebammen, die selbst schwanger sind, aus Arbeitsschutzgründen zu Hause bleiben müssen. Jeder weitere Ausfall durch infizierte Mitarbeiter soll daher vermieden werden.
Infizierte Schwangere sollten ein intensives Monitoring mit Ultraschall erhalten, wenn nötig auch mittels erweiterter sonografischer Feindiagnostik. Alle Schwangeren, die stationär aufgenommen werden, sollten eine Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin erhalten – ob sie nun nachgewiesen oder erst einmal nur vermutet SARS-CoV-2 positiv sind. Außerdem wird empfohlen, diese Prophylaxe bis zu zehn Tage nach der Entlassung fortzuführen.
Wassergeburt kontraindiziert
Bislang wurde international die Mehrzahl (70 Prozent bis 96 Prozent) der SARS-CoV-2 infizierten Schwangeren per Kaiserschnitt entbunden. Dies sei gerade in der Anfangszeit der Pandemie auf die Unsicherheit in Bezug auf den Verlauf bei Schwangeren und unter der Geburt zurückzuführen gewesen, so die Einschätzung der Fachgesellschaften. Die Auswertung von Registerdaten aus Großbritannien (BMJ. 2020;369:m2107) zeigt eine Kaiserschnittrate von 60 Prozent, ein Viertel davon wegen mütterlicher Indikation.
Dennoch wird gemäß internationalem Konsens SARS-CoV-2-infizierten Müttern zu einer natürlichen Geburt geraten. Allerdings ist zum Beispiel eine Wassergeburt kontraindiziert, da Kontakt zu Stuhl, der bei einer solchen Geburt das Wasser kontaminieren kann, vermieden werden sollte. SARS-CoV-2 kann nachweislich in Faeces vorkommen, aber der Nachweis im Vaginalsekret ist weniger gesichert.
Eine Amniotomie oder das Anbringen einer Kopfschwartenelektrode zur Überwachung der fetalen Herzfrequenz sind daher bei einschlägiger Indikation zugelassen. Was die Analgesie angeht, so besteht unter anderem keine Kontraindikation für eine Regionalanästhesie wie die weit verbreitete PDA (Periduralanästhesie) während einer Geburt. Das von manchen favorisierte Lachgas lehnen die hiesigen Empfehlungen ab, während die britische Fachgesellschaft hier keine Kontraindikation sieht, wenn Einmalmasken und personenbezogenen Filter Verwendung finden.
Bei den Empfehlungen für die frisch gebackenen Mütter im Umgang mit ihrem Neugeborenen, tut man sich erkennbar schwer – stets wird hier nur abgekürzt von MNS – Mund-Nasen-Schutz – oder „Atemhygiene“ gesprochen, was praktisch allerdings nichts Anderes bedeutet, als dass die Mutter eine Maske tragen soll. Zwar wird die Trennung des Neugeborenen von einer infizierten oder auch symptomatisch erkrankten Mutter als nicht erforderlich angesehen.
Beim Haut-zu-Haut Kontakt zwischen beiden sollten jedoch Hygieneregeln eingehalten werden – neben Händedesinfektion eben auch eine Maske getragen werden, es sollte zudem keine Schleimhautkontakte geben, explizit nicht geküsst werden. Es kann aber individuell abgewogen werden, inwieweit hier der wichtige frühe Kontakt, das Bonding, eingeschränkt werde, heißt es.
Zudem klingen die Empfehlungen etwas widersprüchlich, denn ausdrücklich wird – auch unter Berufung auf die WHO – der „unmittelbare Mutter-Kind-Kontakt“ durchaus befürwortet. Hier erinnern die Empfehlungen an die alte, von juristischer Absicherung geprägte Vorgängerversion, die bereits seinerzeit unter anderem von Hebammen als wenig praktikabel kritisiert worden ist.
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