SARS-CoV-2 in fast allen Bundesländern

Berlin – In fast allen Bundesländern gibt es inzwischen nachgewiesene Infektionen mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2. Gut die Hälfte der vom Robert-Koch-Institut (RKI) bis heute Vormittag erfassten 188 Infektionen wurde in Nordrhein-Westfalen (NRW) gemeldet.
„Mit weiteren Fällen, Infektionsketten und auch Ausbrüchen in Deutschland muss gerechnet werden“, betonte das RKI. Neben NRW sind derzeit Bayern und Baden-Württemberg stärker betroffen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte für morgen eine Regierungserklärung zum Krisenmanagement bei SARS-CoV-2 an. Zudem ist ein Treffen mit den Gesundheitsministern der Bundesländer vorgesehen.
Gestern Abend waren erste Fälle in Brandenburg, Thüringen und Sachsen bekannt geworden. Heute wurden erste Fälle im Saarland und in Mecklenburg-Vorpommern bekannt. Noch keine Meldungen gab es aus Sachsen-Anhalt.
Schwere Verläufe der vom Virus ausgelösten Lungenkrankheit COVID-19 sind selten, ein darauf zurückgehender Todesfall wurde in Deutschland bisher nicht erfasst. In Berlin, wo der erste Fall vorgestern bekannt wurde, kamen zwei weitere Nachweise hinzu. Da eine Lehrkraft unter den Infizierten ist, bleibt nun auch in der Hauptstadt eine öffentliche Schule geschlossen.
Deutschlands Vertragsärzte warnen unterdessen vor zu vielen unnötigen Tests auf SARS-CoV-2. „Umfangreichere Testung von klinisch Gesunden ist medizinischer Unfug“, sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. Sinnvoll seien Tests nur, wenn jemand Symptome einer Erkrankung der oberen Atemwege aufweise und womöglich Kontakt zu Infizierten gehabt habe.
Die Stadt und die Region Aachen weichen unterdessen von geltenden Empfehlungen des RKI ab, um den Betrieb von Krankenhäusern sicherzustellen. Bei einer Infektion in der Belegschaft auf einer Station werden Mitarbeiter ohne Krankheitssymptome nicht mehr vorsorglich unter Quarantäne gestellt, wie die Stadt mitteilte.
Nach Empfehlungen des RKI seien dagegen in einem solchen Fall alle Mitarbeiter in Quarantäne zu schicken. Zudem könnten zum Schutz besonders gefährdeter Patientengruppen Besuchsverbote erlassen werden.
Über den Beschluss der Krisenstäbe sei das NRW-Gesundheitsministerium informiert, erklärte die Stadt. Die bisherige Regelung könne ganze Stationen lahmlegen und perspektivisch sogar den Betrieb ganzer Krankenhäuser, begründeten die Krisenstäbe die Entscheidung.
Zuvor hatte der Kreis Heinsberg RKI-Empfehlungen für medizinisches Personal kritisiert. Landrat Stephan Pusch hatte Ausnahmeregeln erwogen, um die medizinische Versorgung sicherzustellen. Die Gewährleistung der Versorgung werde im Kreis derzeit zunehmend schwierig.
Nach Ansicht des Leiters des Frankfurter Gesundheitsamtes, Rene Gottschalk, kann die Infektionskette des sich weiter ausbreitenden Virus nicht mehr unterbrochen werden. „Das ist bei der Vielzahl an Fällen nicht zu leisten“, sagte er. Dies sei aber auch „nicht weiter tragisch, weil die Erkrankung nicht schlimm“ sei.
Ganze Menschenansammlungen zu prüfen oder gar Quarantänegebiete einzurichten, hält der Experte für überzogen. „Jemanden 14 Tage zu kasernieren wegen einer Erkrankung, die verläuft wie ein Schnupfen, ist völlig unverhältnismäßig“, sagte er.
Außerhalb Chinas, wo das Virus seinen Ausgang genommen hatte, ist derzeit Südkorea nach den offiziellen Meldezahlen am schwersten von SARS-CoV-2 betroffen. Mehr als 4.800 Infektionen wurden von den Behörden inzwischen erfasst, mindestens 28 Menschen starben an COVID-19.
In der EU ist Norditalien besonders stark betroffen. Nach Angaben des Zivilschutzes wurden in Italien mehr als 2.000 Infektionen erfasst, mehr als 50 der Infizierten starben. In China lag die Zahl offiziell erfasster Infizierter heute bei mehr als 80.000, die der Todesfälle bei knapp 3.000. Experten gehen allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus.
Weltweit haben sich dem RKI zufolge inzwischen rund 90.900 Menschen in 73 Ländern nachweislich mit dem neuen Coronavirus infiziert. „Das Geschehen verlagert sich etwas weg von China, und der Rest der Welt wird vermehrt betroffen“, sagte Vizepräsident Lars Schaade. Seit gestern seien in China offiziell 115 Fälle hinzugekommen, in den restlichen 72 Ländern 1.700 Fälle.
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