Politik

Regierung beschließt Exportverbot für medizinische Schutzausrüstung

  • Mittwoch, 4. März 2020
/picture alliance, Xinhua
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Berlin – Der gemeinsame Krisenstab von Bundesinnen- und Bundesgesundheitsminis­terium, der nach Pandemieplan zur Bekämpfung des Coronavirus gegründet wurde, hat ein Exportverbot für medizinische Schutzausrüstung verhängt.

Das gilt für den Export von Atemmasken, Handschuhen, Schutzanzügen etc. Ausnahmen sind nur unter engen Voraussetzungen möglich, unter anderem im Rahmen konzertierter internationaler Hilfsaktionen.

Der Krisenstab empfahl auch, dass Deutsche im europäischen Ausland, die sich auf An­wei­sung lokaler Behörden in Quarantäne begeben müssen, diese zu Ende führen. Damit werde entschieden, dass die Landsleute, die in einem Hotel auf Teneriffa in Quarantäne sind, nicht vor dem 10. März 2020 zurückkehren könnten, hieß es.

Das Auswärtige Amt hat zudem in seinen Reisehinweisen aufgenommen, dass auf Kreuz­fahrtschiffen ein erhöhtes Quarantänerisiko besteht. Beschlossen wurde auch, die Zu­sammenarbeit zwischen Krisenstab und Bundesländern zu verstärken. Die Bundesländer würden entsprechende Kontaktpersonen benennen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte heute in einer Regierungser­klä­rung im Bundestag, dass der Höhepunkt der Ausbreitung noch nicht erreicht ist. Die Be­hörden zielten weiterhin darauf, die Entwicklung zu verlangsamen und einzudämmen.

„Die Sicherheit der Bevölkerung geht im Zweifel vor, auch vor wirtschaftlichen Inter­ess­en.“ Spahn rief die Bürger zugleich zu Besonnenheit und Zusammenhalt auf. In Deutsch­land habe eine Epidemie begonnen. Inzwischen gebe es rund 240 bestätigte Infektionen, die Lage sei regional aber unterschiedlich. Daher müssten auch die Schutzpläne regional unterschiedlich bewertet werden, was beispielsweise die Schließung von Schulen an­gehe, so Spahn am Nachmittag vor Journalisten.

Dank ans medizinische Personal

Spahn hob besonders den Einsatz des medizinischen Personals hervor. „Alle, die für un­se­re Gesundheit im Einsatz sind, stehen im Kampf gegen Corona an vorderster Front“, sagte der Minister. Sie reagierten besonnen, informierten sich über die aktuellen Erkennt­nisse und kümmerten sich mit großem Einsatz um ihre Patienten. „Dafür möchte ich Ihnen danken“, so Spahn. Dies wiederholte er auch zu anderen Gelegenheiten am Mittwoch.

Er betonte auch, dass Ärzte und Pflegekräfte die ersten seien, wenn etwas nicht richtig laufe. Es sei wich­tig, dass diese sich meldeten, wenn es Probleme gebe. Das medizinische Personal benöti­ge auch die Schutzkleidung und Desinfektionsmittel für ihre Arbeit. „Alle anderen brau­chen diese im Alltag nicht“, so Spahn.

Er wies darauf hin, dass durch weltweite Vorratskäufe und eine geringere Produktion in China Engpässe entstanden seien. Der Minister kündigte an, dass Bund, Länder und Ak­teure des Gesundheitssystems in Deutschland sich kurzfristig um den Nachschub von Schutzausrüstung kümmerten und solche bevorraten würden.

Spahn hält angesichts der Situation auch eine grundsätzliche Debatte für erforderlich. „Sollten wir in diesem Umfang wirtschaftlich und mit unseren Lieferketten abhängig sein von einem einzigen Land auf der Welt“, fragte der Minister. Er denke das nicht.

Das wichtigst sei, das medizinische Personal zu schützen, betonte auch Bärbel Bas (SPD), Mitglied des Gesundheitsausschusses des Bundestags. Einmal, damit diese nicht selbst ausfielen und in Quarantäne müssten. Aber auch, damit Ärzte und Pflegekräfte ihre Pa­tien­ten nicht ansteckten.

Sie räumte aber auch ein, dass es derzeit Engpässe bei Schutzausrüstungen gebe. Man kümme­re sich nun aber darum, für ausreichend Material zu sorgen. Ein Lob sprach Bas den Ärzten und Pflegekräften aus. Sie dankte allen, die sich derzeit mit dem Virus be­schäf­tigten. FDP und Grüne haben das Krisenmanagement der Bundesregierung unter­stützt, von AfD und Linken kam teils scharfe Kritik.

Am Vormittag hat Spahn erneut mit Ärzten, Kliniken, Apotheken und Krankenkassen über die Lage beraten. Angesichts der Ausbreitung des neuen Coronavirus können Kliniken nun vorübergehend von Vorgaben zur Mindestbesetzung mit Pflegekräften abweichen.

Spahn setzte die festen Personaluntergrenzen für bestimmte Stationen bis auf Weiteres außer Kraft. Er beruft sich dabei auf Paragraf 8 der Pflegepersonaluntergrenzen-Verord­nung, in der eine Epidemie als Ausnahmetatbestand schon genannt ist.

Die entsprechende Verordnung sieht bei stark erhöhten Patientenzahlen etwa wegen einer Epidemie vor, dass die Personaluntergrenzen nicht eingehalten werden müssten. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung lägen aktuell bundesweit vor, so Spahn.

„Die Krankenhäuser müssen bei der Personalplanung flexibel auf die Aus­brei­tung des Coronavirus reagieren können“, sagte er. „Deshalb entlasten wir sie in dieser Lage bis auf weiteres von Dokumentationsaufwand und Auflagen in der Pflege.“

In einem Brief an den GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erläutert der Minister, dass es derzeit „sehr kurzfristig zu Anpassungserfordernissen in den Arbeitsabläufen der Krankenhäuser“ kommen könne.

Beratungen gingen am Nachmittag weiter

Bei den Beratungen am Nachmittag mit den Ländergesundheitsministern wurde ebenso über die zentrale Beschaffung von Schutzkleidung beraten. Der Haushaltsausschuss des Bundestages spreche zur Stunde über entsprechende Gelder, erklärte Spahn. Man habe in den vergangenen Tagen „gute und belastbare Angebote von Herstellern bekommen“, so der Minister.

Auch die Länder würden für sich und ihre Behörden Material beschaffen. Der Bund werde dabei auch von der Expertise des Bundesverteidigungsministeriums unterstützt. Der Bun­desminister rief dazu auf, dass sich Arztpraxen und Krankenhäuser aber auch weiterhin bemühen sollten, eigene Materialien zu bestellen.

Auch hob Spahn hervor, dass gemeinsam mit den Ländern beschlossen wurde, dass nun Apotheken dazu berechtigt seien, selbst Infektionsmittel für den privaten Gebrauch her­zustellen.

Modelle für zentrale Testungen

Gemeinsam mit dem Bund haben sich die Länder auch über verschiedene Modelle der zentralen Testung von möglichen Patienten ausgetauscht. Hier hob Spahn auch die Mög­lichkeit hervor, dass Ärzten im Ruhestand oder Medizinstudenten sich an den jeweiligen Abnahmen von Tests oder bei der Beantwortung von Fragen an Telefonhotlines beteiligen könnten.

Ebenso erklärte Spahn, dass derzeit der Pandemieplan des RKI, der für eine Influenza geschrieben wurde, an die aktuelle Situation angepasst werde. Der Leiter des RKI, Lothar Wieler, der ebenfalls an der Bund-Länder-Sitzung teilnahm, erklärte, dass der dreistufige Pandemieplan so angepasst werde, dass Stufe 1 und 2 nun stärker ineinander übergehen. Damit solle die Strategie weiterverfolgt werden, die Ausbreitung der Krankheit zu ver­lang­samen.

Für die Ländergesundheitsminister erklärte die Berliner Senatorin Dilek Kalayci (SPD), dass die Pandemiepläne auch auf der Ebene der Kassenärztlichen Vereinigungen weiter geschrieben werden müssten, speziell in Berlin. Sie lobte aber die gute Zusammenarbeit zwischen dem fahrenden Dienst der KV Berlin und der Berliner Feuerwehr, um erkrankte Patienten zu Hause zu erreichen. Insgesamt lobte die Senatorin die gute Zusammenarbeit mit allen Ebenen der Gesundheitsversorgung in Deutschland.

may/bee/dpa

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