Ärzteschaft

Sorgen um Leitlinienprogramm nach ÄZQ-Aus

  • Donnerstag, 18. April 2024
/oselote, stock.adobe.com
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Berlin – Nach dem angekündigten Aus des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ) zum Jahres­ende mehren sich die Sorgen um das Programm der Nationalen Versorgungsleitlinien (NVL). NVL sind qualita­tiv hochwertige Leitlinien zu Volkskrankheiten mit Auswirkung auf Disease Management Pro­gramme (DMP) zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung.

Das NVL-Programm ist eine gemeinsame Initiative von Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztlicher Bundes­vereinigung (KBV) und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Die operative Durchführung und Koordination der NVL erfolgte bisher durch das ÄZQ. Gestern wurde bekannt, dass das ÄZQ zum 31. Dezember 2024 durch die Träger BÄK und KBV aufge­löst werden soll.

Die AWMF betonte heute, das Ende des ÄZQ gefährde die NVL. Als Mitherausgeberin des NVL-Programms setze man sich für den Erhalt dieser versorgungsrelevanten Leitlinien ein. Er kündigte an, mit BÄK, KBV und weiteren Akteuren des Gesundheitswesens über geeignete Modalitäten zur Fortsetzung des NVL-Programms sprechen zu wollen. „So können versorgungsrelevante Leitlinien für Disease-Management-Programme weiter aktuell gehalten werden“, hofft Treede.

Mit großen Bedenken haben auch das Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (EbM-Netzwerk) und Cochrane Deutschland reagiert. Sollte diese Entscheidung nicht revidiert werden können, müsse sichergestellt sein, dass die Aufgaben des ÄZQ in neuen Strukturen nach den bewährten methodischen Standards der evidenz­basierten Medizin unabhängig von Einflussnahme durch einzelne Interessensgruppen umgesetzt würden, hieß es.

„Medizinische Fachinformationen sind Mangelware“, sagte Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG Selbsthilfe und Mitglied des wissenschaftlichen Beirates des ÄZQ. Das ÄZQ sei mit seinen laienverständlichen Gesundheitsinformationen für Patienten einzigartig und federführend.

„Wir sind von dem Auflösungsbeschluss ebenso überrascht, wie schockiert. Das ist ein schwerer Schlag für die evidenzbasierte Medizin. Es ist nur zu hoffen, dass die Arbeit an den Nationalen Versorgungsleitlinien in jedem Fall wie bisher fortgesetzt werden kann“, betonte er.

Große Sorge macht sich auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Sie forderte, die Aufgaben des ÄZQ rasch an eine kompetente Stelle zu geben, die staatlich unabhängig agieren müsse. „Die Daseinsbe­rech­tigung des ÄZQ ist in keiner Weise infrage zu stellen“, sagte DDG-Präsident Andreas Fritsche.

Er verwies auf Vermutungen hin, wonach einige der bisherigen Aufgaben des ÄZQ, wie die Neu- und Weiter­entwicklung der NVL, durch das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) neu geplante Bundes­institut für „Prävention und Aufklärung in der Medizin“ (BIPAM) oder ein anderes dem Robert-Koch-Institut unterstelltes Organ übernommen werden könnte.

„Einer staatlich gelenkten Institution fehlt jedoch die politische Unabhängigkeit, die sie haben muss, um wissenschaftliche, evidenzbasierte und nicht emminenzbasierte Entscheidungshilfen auszusprechen“, gab Fritsche zu Bedenken.

Wenn die NVL unter der Ägide des Bundesgesundheitsministeriums entwickelt werden sollten, wäre dies eine Verstaatlichung der Medizin, was deren wissenschaftliche Unabhängigkeit konterkariere. Die DDG forderte, schnellstmöglich eine unabhängige Instanz zu schaffen, die den bisherigen Zielen des ÄZQ gerecht werde.

may

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