Politik

Spahn will Abwanderung der Ärzte über EU-Regelungen eindämmen

  • Montag, 14. Januar 2019
/Tobias.S, stock.adobe.com
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Berlin – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Abwanderung deutscher Ärzte und Pflegekräfte in die Schweiz und andere Länder mithilfe neuer EU-Regeln eindämmen. Klar sei, „dass diese Fachleute in Deutschland fehlen“, sagte er der Schweizer Zeitung SonntagsBlick. In Deutschland arbeiteten dann wiederum polnische Ärzte, die wiederum in Polen fehlten.

Das könne so nicht richtig sein. „Deshalb sollten wir darüber nachdenken, ob wir die Abwerbung von Fachleuten aus bestimmten Berufsgruppen innerhalb der EU nicht neu regeln müssen. Und das, ohne die Freizügigkeit in Europa grundsätzlich infrage zu stellen.“

Entsprechende Abkommen gebe es bereits in der Weltgesundheitsorganisation, sagte der CDU-Politiker. Das könnte Vorbild sein. Auf jeden Fall hätte er die in die Schweiz abgewanderten deutschen Ärzte und Pfleger „gerne zurück“. Auch wenn er sie verstehe: „Die Schweiz ist ein schönes Land.“

Die Schweiz ist für deutsche Mediziner seit Jahren das mit Abstand beliebteste Auswandererland. 2017 gingen laut Bundesärztekammer 1.965 ursprünglich in Deutschland tätige Ärzte ins Ausland, wobei der Anteil der deutschen Ärzte 59,3 Prozent betrug. Die beliebtesten Auswanderungsländer waren – wie in den Jahren zuvor – die Schweiz (641), Österreich (268) und die USA (84).

Der Schweizer Ärzteverband FMH meldete Anfang 2017, dass 17,7 Prozent der in dem Land arbeitenden Ärzte einen deutschen Pass hätten, das seien mehr als 6.000 Personen, wie die NZZ damals berichtete. Ohne deutsche Ärzte wäre die medizinische Versorgung in der Schweiz mittlerweile gefährdet.

Für die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) liegt die Lösung auf der Hand. „Nur mit guten Rahmenbedingungen lassen sich die so dringend benötigten Ärzte und Pflegekräfte in Deutschland halten“, sagte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Andreas Gassen. Es sei notwendig, den Standort Deutschland attraktiv zu gestalten, weil man in einem internationalen Wettbewerb stehe.

Gassen forderte in diesem Zusammenhang erneut, dass erbrachte Leistungen der Vertragsärzte vollständig und attraktiv vergütet werden müssten. Die Ausübung des Berufs müsse darüber hinaus frei sein und dürfe nicht durch überbordende Gesetze gegängelt werden.

„Es ist der falsche Weg, jetzt über neue einschränkende Regelungen auf EU-Ebene nachzudenken. Das Prinzip der Freizügigkeit zeichnet die EU aus. Das andere Prinzip – nämlich eine immer striktere Regulierung – droht leider verstärkt bei uns einzuziehen durch mehr Staatsmedizin, mehr Eingriffe in Praxisabläufe sowie verpflichtende Landarztquoten“, so Gassen. Der Standort Deutschland werde „zunehmend unattraktiver“.

Der Plan von Spahn, den Ärztemangel in Deutschland durch Eingriffe in die EU-weite Niederlassungsfreiheit zu lösen, führt auch zu Protest beim Bayerischen Facharzt­verband (BFAV). Demzufolge ist die zunehmende Abwanderung von deutschen Ärzten und Pflegekräften den sich ständig verschlechternden Arbeitsbedingungen im Inland geschuldet. Gesteigert werden müsse die Attraktivität des Arztberufes. BFAV-Sprecher Wolfgang Bärtl forderte Spahn auf, die „Idee einer Zwangsrepatriierung als untaugliches Instrument einer völlig fehlgesteuerten Gesundheitspolitik“ fallen zu lassen.

dpa/may

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