Politik

Bundeskabinett winkt Fachkräfte­einwanderungsgesetz durch

  • Mittwoch, 19. Dezember 2018
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Berlin – Die deutsche Wirtschaft – auch das Gesundheitswesen – ruft nach Fach­kräften. Diese sollen künftig auch leichter aus dem Ausland kommen können. Das Bundeskabinett verabschiedete mit dieser Zielsetzung heute ein Fachkräfte­einwanderungs­gesetz.

Die Regelungen sehen vor, die Hürden für die Einreise von Arbeitnehmern aus Nicht-EU-Staaten zu senken. Wer qualifiziert ist und gut Deutsch spricht, soll auch ohne Arbeitsvertrag kommen dürfen, um sich einen Job zu suchen. Das war bisher nur für Hochschulabsolventen möglich. Damit will die Bundesregierung den Fachkräftemangel beheben, der laut Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in einigen Branchen und Regionen schon jetzt ein „Wachstumshemmnis“ ist.

Durch ein Beschäftigungsduldungsgesetz sollen gleichzeitig neue Perspektiven für gut integrierte abgelehnte Asylbewerber geschaffen werden. Mit der Beschäftigungs­duldung könnten abgelehnte Asylbewerber, die nur einen Duldungsbescheid haben, einen sichereren Aufenthaltstitel erhalten. Voraussetzung ist unter anderem, dass sie mindestens 18 Monate in Vollzeit gearbeitet haben.

Die SPD hatte darauf gedrungen, beide Vorhaben noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die Entwürfe im parlamentarischen Verfahren noch leicht verändert werden. Der Union ist wichtig, dass abgelehnte Asylbewerber, die ihre wahre Herkunft nicht preisgeben wollen, keine Möglichkeit erhalten, sich einen dauerhaften legalen Status zu verschaffen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach von einem „historischen Tag“. Er sagte, dass die Regierung jetzt 30 Jahre Debatte über ein Einwanderungsgesetz hinter sich lasse, sei „ein Ausweis für die Handlungsfähigkeit der Großen Koalition“. SPD-Vize Ralf Stegner sagte: „Das beendet auch ein bisschen die Lebenslüge der Konservativen, wir seien kein Einwanderungsland.“

„Es gibt Kritik hinsichtlich der Regeln für den Wechsel abgelehnter Asylbewerber in die Arbeitsmarktzuwanderung“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg. Deshalb sei es wichtig, dass die Beschäftigungsduldung im Gesetzentwurf bis zum 30. Juni 2022 begrenzt sei. Denn die Regelung sende „falsche Signale“.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) kündigte intensive Diskussionen an. Seehofer wollte in der Regelung zum Arbeitsmarktzugang für Geduldete indes keine Anreize zur Einwanderung erkennen. Schließlich gebe es anspruchsvolle Voraussetzungen.

Die migrationspolitische Sprecherin der Grünen, Filiz Polat, nannte den Entwurf enttäuschend. Die Hürden für die Fachkräfteeinwanderung seien zu hoch, die Beschäftigungsduldung unzureichend.

Die migrationspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Linda Teuteberg, beklagte: „Angesichts der prognostizierten rund 3,9 Millionen Arbeitnehmer, die die deutsche Wirtschaft braucht in den nächsten Jahren zusätzlich, ist das wirklich ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Der sächsische AfD-Abgeordnete Lars Herrmann erklärte: „Ein Gesetz zur nachträglichen Legalisierung bisher illegaler Migration wird die sozialen Konflikte der nächsten Jahre noch verschärfen.“

Mittelstandspräsident Mario Ohoven meldete heute „erheblichen Nachbesserungs­bedarf“ an. „Die neuen Anforderungshürden lassen keine große Linderung des Fachkräftemangels erwarten“, erklärte er.

Aus Sicht des Hauptgeschäftsführers der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber, Steffen Kampeter, entwickelt sich der Fachkräftemangel zum „Bremsklotz Nummer eins für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“. Fachkräfte­zuwanderung sei zwar nötig, es müssten aber auch die Langzeitarbeitslosigkeit gesenkt, Ganztagsbetreuung massiv ausgebaut und die Rente mit 67 konsequent umgesetzt werden.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) betonte, der Entwurf biete für die deutschen Krankenhäuser deutliche Verbesserungen. Dies gelte etwa für die vereinfachte Anerkennung von Berufsabschlüssen und die Möglichkeit, für den deutschen Arbeitsmarkt nicht ausreichend ausgebildete Mitarbeiter ohne größere Hürden nachqualifizieren zu können.

Der Bürokratieabbau in Form beschleunigter Verfahren zur Anerkennung von Abschlüssen komme sowohl den eingewanderten Fachkräften als auch ihren Arbeitgebern zugute. „Ziel der Politik muss sein, ausländischen Arbeitnehmern und ihren Arbeitgebern langfristige Perspektiven und Rechtssicherheit zu geben“, sagte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum.

Nach Ansicht des Marburger Bundes (MB) enthält der Kabinettsentwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz einige gute Ansätze, wirft aber an anderer Stelle auch Fragen auf. „Wünschenswert und für ein Erreichen der Zielsetzung des Gesetzgebers unabdingbar ist es nach Auffassung des Marburger Bundes, die Rahmenbedingungen insgesamt so zu gestalten, dass Zuwanderungswillige ein klares und transparentes System vorfinden, in dem sie sich auch ohne Hilfe durch Dritte wie etwa Arbeitsvermittler oder Rechtskundige zurechtfinden können“, schreibt der MB, der eine Stellungnahme zum Entwurf erarbeitet hat. Unter anderem mahnt der MB darin Klarstellungen bei Nachweisen von Sprachkenntnissen an.

dpa/may

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