Stada-Aufsichtsrat will ehemalige Konzernchefs nicht entlasten
Frankfurt am Main – Die Querelen beim Arzneimittelhersteller Stada nehmen auch nach der Übernahme durch Finanzinvestoren kein Ende. Aufsichtsratschef Carl Ferdinand Oetker erklärte heute auf der Hauptversammlung des Unternehmens in Frankfurt überraschend, das Kontrollgremium wolle die früheren Stada-Chefs Hartmut Retzlaff und Matthias Wiedenfels sowie Ex-Finanzchef Helmut Kraft für das vergangene Jahr nicht entlasten.
Ursprünglich hatten Vorstand und Aufsichtsrat laut Tagesordnung eine Entlastung gefordert. Oetker erklärte, es gebe aber nun Ermittlungen des Aufsichtsrats wegen „belastbarer Erkenntnisse zu schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Vorstands“. Es gehe um Unklarheiten im Asiengeschäft, Verstöße gegen Rechtsgrundsätze und Beraterverträge ohne erkennbare Gegenleistungen für Stada. Mit diesen Hinweisen sei die Integrität von Wiedenfels und Kraft „nicht mehr gewährleistet gewesen“. Deshalb seien sie im Juli abgetreten.
Firmenchef Engelbert Willink sagte, der Vorstand wolle den Tagesordnungspunkt zur Entlastung der Ex-Vorstände vertagen. Den Untersuchungsbericht des Aufsichtsrats habe man erst kurzfristig erhalten und benötige Zeit zur Aufarbeitung. Mit einer Entlastung sprechen Aktionäre dem Management ihr Vertrauen aus. Juristisch hat eine verweigerte Entlastung keine Folgen.
Erst am vergangenen Freitag hatten Oetker selbst und vier weitere Stada-Kontrolleure angekündigt, angesichts der Übernahme durch die Bain und Cinven im Juli ihre Posten zum 25. September niederzulegen. Der langjährige Firmenchef Hartmut Retzlaff war im vergangenen Sommer auf Drängen aktivistischer Investoren abgetreten.
Der frühere Stada-Chef Matthias Wiedenfels hat die Vorwürfe heute zurückgewiesen. Wiedenfels Anwältin argumentierte, die von Oetker benannten geschäftlichen Themen seien lange bekannt gewesen und böten „nach gründlicher Prüfung keinen Anhaltspunkt für Pflichtverletzungen“ durch Wiedenfels. „Und solche hat der Aufsichtsrat uns auch bis heute nicht bezeichnet.“ Der plötzliche Schwenk, ihrem Mandanten die Entlastung zu verweigern, sei daher nicht nachvollziehbar.
Aktionärsvertreter kritisierten die Querelen bei dem hessischen Pharmakonzern, der für Medikamente wie Grippostad und die Sonnenmilch Ladival bekannt ist. Stada sei ein Lehrstück für schlechte Unternehmensführung, sagte Winfried Mathes von der Dekabank.
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