STIKO: Beratungen über dritte Coronaimpfung laufen

Berlin – Eine Arbeitsgruppe der Ständigen Impfkommission (STIKO) berät derzeit darüber, ob und für wen eine dritte Impfung gegen SARS-CoV-2 empfohlen werden könnte. Die Aufarbeitung der vorliegenden Daten sei in vollem Gange, sagte STIKO-Chef Thomas Mertens heute. Bis zu einer Empfehlung werde es nicht mehr lange dauern.
Mertens wollte sich aber nicht auf ein genaues Datum festlegen. Eine Entscheidung könnte aber in den nächsten ein bis zwei Wochen fallen, wie das Deutsche Ärzteblatt aus gut informierten Kreisen erfuhr.
Seit heute sind Drittimpfungen von Pflegeheimbewohnern und Personal sowie von besonders vulnerablen Gruppen in vielen Bundesländern angelaufen. Auf einen groben Rahmen dafür hatten sich die Gesundheitsminister der Länder Ende August verständigt – ohne eine endgültige Empfehlung der STIKO abzuwarten.
In Berlin wird den Menschen in vollstationären Pflegeeinrichtungen, Pflegewohngemeinschaften, Seniorenwohnanlagen und Tagespflegen ein Angebot zur Auffrischungsimpfung gemacht, wie die Senatsverwaltung für Gesundheit mitteilte.
Beteiligt daran seien das Deutsche Rote Kreuz, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Johanniter sowie die Malteser. Der Schutz der besonders vulnerablen Gruppen stehe „ganz oben an“, erklärte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD).
In Hessen impfen die Hausärzte vor Ort in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen, wie Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) mitteilte. Außerdem können die mobilen Teams der Impfzentren Unterstützung leisten. Pflegebedürftige und Menschen über 80 Jahre, die zuhause leben, könnten sich an ihre Hausärzte wenden. Darüber hinaus kann die Auffrischimpfung auch in den Impfzentren verabreicht werden.
Zwischen dem Abschluss einer Impfserie und der Auffrischimpfung sollen nach den Angaben aus Hessen mindestens sechs Monate liegen. Die Auffrischimpfung wird unabhängig vom bisherigen Impfstoff immer mit Biontech oder Moderna erfolgen.
Thüringen bietet Impftermine für die vorgesehenen Gruppen über das Terminvergabeportal des Freistaates an. Das Angebot richtet sich ausdrücklich auch an jene, die die vollständige Impfung mit einem Vektorimpfstoff erhalten haben, also entweder zweimal mit dem Impfstoff von Astrazeneca oder einmal mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson.
Da ausreichend Impfstoff zur Verfügung stehe, diene die Priorisierung der Corona-Impfverordnung des Bundes zwar als Orientierung, hieß es aus Thüringen. Sie werde jedoch nicht so streng gehandhabt wie zu Beginn des Jahres. „Daten aus anderen Ländern, insbesondere aus Israel, zeigen uns, dass für alte und für immungeschwächte Menschen eine Auffrischungsimpfung sinnvoll ist“, erklärte die Erfurter Gesundheitsministerin Heike Werner.
Die Booster-Impfung kann nach einer STIKO-Empfehlung nach ärztlichem Ermessen parallel mit der saisonalen Grippeschutzimpfung verabreicht werden, wie das sächsische Gesundheitsministerium mitteilte. „Mit den Auffrischungsimpfungen bieten wir den vulnerablen Gruppen den bestmöglichen Schutz“, erklärte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD).
Die Sächsische Impfkommission (SIKO) hatte gestern ihre Impfempfehlungen erneuert. Es geht dabei unter anderem um die Notwendigkeit einer Boosterung nach erfolgter Grundimmunisierung. Zu definierten Risikogruppen hatte die SIKO schon früher Stellung genommen.
Ungeduldig zeigte sich bei dem Thema die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). „Die STIKO hat die Daten, um für bestimmte Gruppen eine Empfehlung für eine Drittimpfung auszugeben“, sagte KBV-Chef Andreas Gassen den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die STIKO wäre für solche Vorgaben die richtige Institution. „Dort sitzen die Fachleute, die tatsächlich Ahnung vom Impfen haben.“
Es gehe darum, diejenigen zuerst durch eine dritte Dosis schützen, die ein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben. „Die STIKO trifft rationale, faktenbasierte Entscheidungen – anders als mitunter die Politik“, sagte Gassen.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte, die Politik müsse jetzt eine klare Ansage machen, welche Gruppen bei den Auffrischimpfungen zuerst an der Reihe seien. „Es muss klar sein, um welche Jahrgänge es sich handelt und bei welchen Risikofaktoren eine dritte Impfung angezeigt ist.“
Geplant ist Mertens zufolge auch eine Aktualisierung der Empfehlung für Schwangere, wenn die Datenaufarbeitung bei der STIKO in diesem Bereich voranschreite. Bisher ist die Empfehlung für Schwangere stark eingeschränkt.
Sie gilt nur für Frauen mit Vorerkrankungen und einem hohen Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung oder für Frauen mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko aufgrund ihrer Lebensumstände. Nach einer Nutzen-Risiko-Abwägung und nach ausführlicher ärztlicher Aufklärung kann diesen Gruppen seit Mai eine Impfung mit einem mRNA-Impfstoff ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel angeboten werden.
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