Auffrischungsimpfungen: Länder rufen Bund und STIKO zum Handeln auf

Berlin – Die Gesundheitsminister der Länder wünschen sich mehr Klarheit bei Fragen rund um die Auffrischungsimpfung gegen SARS-CoV-2. Sie sehen dabei das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die Ständige Impfkommission (STIKO) in der Pflicht, wie aus einem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) von gestern hervorgeht.
Bundesgesundheitsministerium und STIKO werden darin „gebeten“, eine Empfehlung abzugeben, ob und wann bereits zweifach mit Astrazeneca- oder einmalig mit Johnson & Johnson-Geimpfte eine Auffrischungsimpfung mit einem mRNA-Impfstoff erhalten sollten, um einen anhaltend ausreichenden Impfschutz zu erreichen.
Darüber hinaus sollte die STIKO aus Sicht der GMK „eine bundesweit einheitliche Empfehlung“ abgeben, ob und wann mit einer dritten mRNA-Impfung insbesondere bei besonders vulnerablen Gruppen wie etwa hochbetagten Menschen, die zweifach mit mRNA geimpft wurden, begonnen werden sollte.
Geklärt haben will die Ministerrunde ebenso, ob eine Auffrischungsimpfung bei zweifach mit mRNA-Impfstoffen Geimpften auch mit dem Impfstoff von Astrazeneca möglich und sinnvoll ist. „Sollten hierzu bis jetzt keine ausreichenden Daten vorliegen, wird darum gebeten, entsprechende Studien umgehend zu initiieren“, heißt es in dem Beschluss.
Auf den Prüfstand muss nach Einschätzung des GMK-Vorsitzenden, Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek, auch die eingeschränkte Empfehlung zu Coronaimpfungen von Kindern und Jugendlichen. Diese müsse auf Grundlage neuster Daten erneut überprüft werden. „Da erwarten wir, dass wir von der Ständigen Impfkommission bald Empfehlungen haben, damit da Klarheit herrscht“, sagte der CSU-Politiker heute dem Bayerischen Rundfunk (BR).
Als Beispiel nannte er die USA, wo junge Menschen schon länger geimpft würden. Die dortigen Daten und ständig neu gewonnenen Erkenntnisse müssten die Grundlage für Deutschland bilden, um klare Schlussfolgerungen zu ziehen. „Wir sollten da möglichst bald auch die Daten auswerten, die international ja schon zur Verfügung stehen“ , so Holetschek.
Die STIKO empfiehlt Impfungen für 12- bis 17-Jährige nur bei bestimmten Vorerkrankungen. Begründet wird das mit dem geringeren Risiko einer schweren COVID-19-Erkrankung in dieser Altersgruppe.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) spricht von einer individuellen Entscheidung von Eltern, Kindern sowie Ärzten. Zuletzt hatte es aber wiederholt seitens der Politik Kritik an der eingeschränkten Empfehlung gegeben.
Spahn hofft aber auch ohne allgemeine Expertenempfehlung auf eine rege Beteiligung junger Menschen an der Coronaimpfkampagne. Die Versorgung mit Impfstoffen habe sich inzwischen derart verbessert, dass alle Kinder und Jugendliche bis Ende August einen ersten Termin erhalten könnten, sagte er heute im „Morgenmagazin“ der ARD. „Ich finde, wir sollten die Kinder und Jugendlichen selbst entscheiden lassen.“ Wer wolle, könne geimpft werden.
Die Empfehlungen der STIKO seien wichtige Leitlinien, ergänzte der Gesundheitsminister. Aber es gebe eben am Ende auch einen sicheren und zugelassenen Impfstoff für alle Menschen über zwölf Jahren, der nach individueller Abwägung und Entscheidung verabreicht werden könne. Es sei bereits klar, dass es in nicht geimpften Bevölkerungsgruppen ab Herbst viele Infektionen geben werde, sagte Spahn. Eine hohe Impfquote sei daher „wichtig“.
In erster Linie seien jedoch weiterhin auch die Erwachsenen zu Impfungen aufgefordert, betonte der Minister. Es müsse „ein Impfruck durch Deutschland gehen“. Wer sich immunisieren lasse, schütze immer auch seine Mitmenschen. Das helfe am Ende auch Kindern und Jugendlichen. Es müsse ein Bewusstsein dafür herrschen, dass der Kampf gegen die Pandemie am Ende ein „Teamspiel“ sei.
In Deutschland flammte zuletzt erneut eine Diskussion über die Impfung von Kindern und Jugendlichen auf, insbesondere mit Blick auf die Rückkehr in die Schulen nach den Sommerferien. Zwar gibt es in der EU einen Impfstoff, der für Menschen ab zwölf Jahren zugelassen ist. Die STIKO sprach bisher aber keine generelle Impfempfehlung für Jugendliche aus.
Das unabhängige Gremium verweist vor allem auf den fehlenden medizinischen Nutzen, da für junge Menschen ein sehr geringes Gesundheitsrisiko besteht. Lediglich für Kinder und Jugendliche mit bestimmten Vorerkrankungen empfiehlt die Kommission eine Impfung.
Aus der Politik wurde vor dem Hintergrund der sich immer stärker ausbreitenden Delta-Variante des Coronavirus zuletzt aber die Forderung laut, die Festlegung zu überdenken und eine allgemeine Empfehlung für Jugendliche auszusprechen.
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