Stimmen zur Wahl: Herausforderung in Gesundheit und Pflege angehen

Berlin – Als Reaktion auf das Ergebnis der gestrigen Bundestagswahl wird von den Akteuren im Gesundheitssystem vor allem auf die großen, von der künftigen Bundesregierung zu lösenden Herausforderungen hingewiesen.
Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes erklärte, man fordere von allen demokratischen Parteien nach der Bundestagswahl eine Fokussierung auf drängende Themen und Inhalte. Insbesondere das Gesundheitssystem und die Pflege stünden vor großen Herausforderungen – dies würden auch die Bürgerinnen und Bürger spüren.
Zu den Fragen der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung und ihrer stabilen Finanzierung müssten zukunftsfähige Lösungen erarbeitet werden. Die politische Energie sollte in eine starke, solidarische und für alle zugängliche Gesundheitsversorgung fließen, so der Appell.
Die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Sibylle Steiner, erklärten, vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen sei zu hoffen, dass es möglichst schnell zu einer handlungsfähigen Regierung kommen wird. Sie verwiesen auf viele Probleme im Gesundheitswesen.
„Patientensteuerung, Notfallreform, Entbürokratisierung, Digitalisierung und nicht zuletzt eine angemessene Finanzierung lauten die leider wohlbekannten und alles andere als neuen Schlagworte. Die vergangenen Jahre waren insgesamt gesundheitspolitisch verlorene Jahre“, betonten sie.
Man stehe für lösungsorientierte Gespräche bereit, so die KBV. „Wir wollen und können unseren Teil zu sachgerechten Lösungen beitragen und haben ein Portfolio an Vorschlägen.“
Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), erklärte, Union und SPD müssten sich jetzt „zügig auf eine Koalition einigen, die viel zu erledigen hat“. Die neue Regierung dürfe keineswegs die Gesundheits- und Krankenhauspolitik vergessen.
Aus Sicht der DKG muss eine neue Bundesregierung schnell tragfähige Kompromisse zur Umsetzung der Krankenhausreform finden, wobei die Sicherung der flächendeckenden hochwertigen Versorgung den ersten gesundheitspolitischen Arbeitsauftrag darstelle.
Grundsätzlich brauche die Gesundheitspolitik auch einen anderen politischen Stil, welcher durch den Willen geprägt sein muss, gemeinsam mit den Akteuren des Gesundheitswesens Lösungen zu finden und umzusetzen, so Gaß.
„Jetzt müssen die akuten Probleme in den Bereichen Gesundheit und Pflege schnell angepackt werden“, sagte auch die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann. Nach kurzer Sondierungsphase sollte zügig mit Koalitionsgesprächen begonnen werden. Die Stabilisierung der Finanzen von Kranken- und Pflegeversicherung dulde keinen weiteren Aufschub.
Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) mahnt ebenfalls an, nach der Regierungsbildung die Reformprozesse zügig fortzusetzen. Der Fachkräftemangel, die Finanzierung der Sozialsysteme und eine alternde Gesellschaft erforderten Strukturveränderungen, Entbürokratisierung sowie mehr Krisenresilienz.
„Unsere Gesundheit entsteht nicht allein im Gesundheitssystem. Sie wird maßgeblich durch unsere Lebens- und Rahmenbedingungen geprägt. Deshalb brauchen wir eine vorausschauende Gesundheitsstrategie, die alle politischen Ressorts mit einbezieht“, mahnte Kristina Böhm, Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), an. Der BVÖGD fordert, den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) als zentralen Akteur in der strategischen Gesundheitsplanung zu stärken.
Man werde die Koalitionsverhandlungen aktiv begleiten und immer wieder auf die wirtschaftliche Schieflage sehr vieler Apotheken hinweisen, betonte Thomas Preis, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Die Apotheken bräuchten dringend ein Sofortprogramm zur Stabilisierung, „um das rapide Absinken der Apothekenzahl endlich zu stoppen“. Die Apothekerschaft freue sich auf eine gute Zusammenarbeit mit dem neuen Parlament.
„Nach der Bundestagswahl tragen die Parteien eine große Verantwortung. Wir brauchen schnell eine handlungsfähige Regierung, in der die Sicherung der pflegerischen und gesundheitlichen Versorgung einen Schwerpunkt bildet. Das muss sich zentral im Koalitionsvertrag wiederfinden. Professionelle Pflege gehört zum Fundament eines funktionierenden Gesundheitssystems und ist entscheidend für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie den Erhalt unserer Demokratie“, sagte die Präsidentin des Deutschen Pflegerats (DPR). Es brauche eine entschlossene Gesundheitsministerin oder einen entschlossenen Gesundheitsminister, die oder der den Reformkurs konsequent verfolgt.
„Das Soziale muss zur Chefsache werden“, betonte die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele. Gebraucht werde eine Regierung, in der die Koalitionspartner gemeinsam nach Lösungen suchten. Dabei sollte es auch darum gehen, wie in den nächsten Jahren das Leben in den ländlichen Regionen verbessert werden könne – etwa mit Investitionen in eine gute medizinische und pflegerische Versorgung. Ziel müsse sein, „die Gesellschaft wieder zusammenzuführen und verloren gegangenes Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen“.
„Deutschland muss ein soziales Land bleiben. Menschen mit Behinderung und ihre Anliegen waren im Wahlkampf kaum sichtbar“, kritisierte Ulla Schmidt, Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und Bundesministerin a.D. Diese Menschen müssten sich darauf verlassen können, dass sie angemessene Unterstützung erhalten und am Leben in der Gesellschaft teilhaben können – das gebiete nicht zuletzt die UN-Behindertenrechtskonvention.
Vom Branchenverband Pharma Deutschland hieß es, auf der Grundlage des Wahlergebnisses eine stabile neue Bundesregierung zu formen, werde allen demokratischen Parteien ein hohes Maß an Kompromissbereitschaft abverlangen. Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes, sagte: „Es braucht einen robusten Konsens darüber, dass ein wirtschaftlicher Aufschwung die Grundlage dafür ist, Lösungen für die drängenden Probleme zu finden.“
Die kommende Bundesregierung solle Reformwillen im Gesundheitssystem zeigen und mit soliden Rahmenbedingungen, einer leistungsfähigen Infrastruktur sowie einer schnellen Bürokratie die Voraussetzungen für mehr Spitzenforschung und Investitionen schaffen, forderte auch Han Steutel, Präsident des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (vfa). Benötigt werde eine schnelle Regierungsbildung mit klaren Weichenstellungen.
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