Ärzteschaft

Streit um fachliche Qualitätsstandards für Integrierte Notfallzentren

  • Freitag, 19. Juli 2019
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Berlin – Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und die Deutsche Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) fordern für Fachkräfte in den Integrierten Notfallzentren (INZ) hohe Qualitäts­­standards. Nach Auffassung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) schießen die Fachgesell­schaften über das Ziel hinaus.

Die aktuellen Notfallversorgungsstrukturen im vertragsärztlichen Bereich müssten deut­lich verändert werden, damit das Modell der INZ erfolgreich umgesetzt werden könne, erklärten DGINA und DIVI gestern. Sie haben ein gemeinsames Positionspa­pier erstellt, in dem sie „Empfehlungen zur Struktur und Qualifikation des Personals in Integrierten Notfallzentren“ geben.

Nach Auffassung der KBVgehen DGINA und DIVI mit ihren Forderungen zu weit. „Es handelt sich hier offenbar um ein Missver­ständ­nis: Bei den INZ geht es nicht um An­lauf­stellen für schwerkranke oder unfallver­letze Patienten“, erklärte der KBV-Vor­standsvorsitzendeAndreas Gassen.

Seiner Auffassung nach verkennen die beiden Fachgesellschaften, worum es bei den INZ vor allem gehe: Um eine Ersteinschätzung bei den dort eintreffenden Patienten, welcher Art von medizinischer Hilfe sie bedürften. „Aller Erfahrung nach handelt es sich dabei vor allem um Menschen, die zwar einen akuten Versorgungsbedarf haben, aber keiner lebensrettenden oder intensivmedizinischen Sofortmaßnahmen bedürfen“, so Gassen. „Wir reden hier deshalb ausdrücklich nicht von Patienten, die mit Blaulicht eintreffen und etwa in einem Schockraum oder einer Stroke Unit behandelt werden müssen.“

Analog zu den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses für Notaufnahmen der Krankenhäuser halten es die notfallmedizinischen Fachgesellschaften für erforder­lich, dass auch für die Behandlungsbereiche der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) Struk­tur- und Qualitätsanforderungen definiert werden.

„Zusätzlich muss gewährleistet werden, dass innerhalb der notfallversorgenden Berei­che ein barrierefreier Datenaustausch gewährleistet ist und eine Qualitätskontrolle stattfindet“, heißt es in dem Positionspapier. DIVI und DGINA nennen darüber hinaus fünf Punkte, die aus ihrer Sicht für eine sichere Patientenbehandlung notwendig sind:

  • „Betriebszeit: 24/7/365“ heißt es darin knapp. Die Versorgung soll also an allen Tagen des Jahres 24 Stunden lang gewährleistet sein.

  • Die Zuweisung in den KV-Bereich sollte erst nach Ausschluss einer akuten vitalen Bedrohung mit einem geeignetem Ersteinschätzungssystem erfolgen.

  • Hohe fachliche Voraussetzungen: Ärzte in der KV-Bereitschaftspraxis eines INZ müssten Fachärzte für Allgemeinmedizin mit notfallmedizinischer Erfahrung sein, die in der Notaufnahme eines Krankenhauses erworben wurde. Nur so könne sichergestellt werden, dass kleine Verletzungen, die der häufigste Grund für eine ambulante Notfallversorgung in Notaufnahmen seien, gut behandelt würden. Im Augenblick werde von den Ärzten, die an der vertragsärztlichen Notfallversorgung teilnähmen, nämlich nicht erwartet, dass sie Verletzungen und kleine Wunden versorgen könnten, heißt es in dem Positionspapier.

  • Bei dem medizinischen Assistenzpersonal müsse es sich mindestens um Medi­zinische Fachangestellte mit Erfahrung in der Behandlung von Akut- und Notfall­patienten handeln.

  • Außerdem sei auch für den KV-Bereich der unmittelbare Zugang zu Notfalllabor, konventioneller radiologischer Diagnostik, EKG Gerät und Sonografie nötig.

„Solche Fachärzte, wie sie die beiden Gesellschaften fordern, dürfte es auch aktuell höchstens in Kliniken der Maximalversorgung geben. Tatsächlich sind in den meisten Notaufnahmen seitens der Krankenhäuser Ärzte in Weiterbildung tätig, also keine ab­schließend ausgebildeten Fachärzte, geschweige denn Notfallmediziner“, sagte der KBV-Chef.

Im Gegensatz dazu seien alle niedergelassenen Ärzte grundsätzlich fertig aus- und weitergebildete Fachärzte. „Die Kollegen in den Praxen sind bestens für eine Tätigkeit in den INZ qualifiziert, denn auch in den Praxen tun sie jeden Tag nichts anderes, als den Behandlungsbedarf von Patienten einzuschätzen“, betonte Gassen.

Auf Vorschlag des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen sollen in einem INZ künftig die Zentrale Notaufnahme eines Krankenhauses und eine Bereitschaftspraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zusammenarbeiten. An einem „gemeinsamen Tresen“ sollen Patienten ersteingeschätzt und bei niedrigem Risiko im KV-Bereich des INZ durch Vertragsärzte der KVen behandelt werden.

Das Bundesministerium für Gesundheit legte heute auch ein neues Diskussionspapier zur Reform der Notfallversorgung vor.

hil

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