Politik

Täglich bis zu drei Stunden für Bürokratie

  • Donnerstag, 14. Dezember 2017
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Frankfurt am Main – Steigender Bürokratieaufwand wird zu einem immer größer werdenden Problem im Gesundheitswesen. Beispielsweise müssten sich Ärzte bis zu drei Stunden täglich mit der Dokumentation ihrer Arbeit, mit dem Ausfüllen von Formularen und anderen administrativen Aufgaben beschäftigen. „Vor dem Hintergrund eines zunehmenden Fachkräftemangels in den kommenden Jahren ist diese Entwick­lung besorgniserregend“, lautet das Fazit einer Studie zur Bürokratie im Gesundheitswesen, die von der Initiative „Gesundheitswirtschaft Rhein-Main“ (GWRM) in Frankfurt am Main in Auftrag gegeben wurde.

Befragt wurden Führungskräfte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie niedergelassene Ärzte durch das Institut for Health Care Business GmbH in Essen. Die von der Bank für Sozialwirtschaft mitfinanzierte Studie wurde unter der Leitung von Boris Augurzky, Leiter des Bereichs Gesundheit am RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen, erstellt.

MDK Verursacher von Bürokratie

Als Verursacher der Bürokratiezunahme hat die Studie „zahlreiche Institutionen“ ausgemacht. An „erster Stelle“ stünde der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK), der inzwischen 15 bis 20 Prozent aller Krankenhausfälle einer Prüfung unterziehe, was einem Umfang von jährlich rund drei Millionen Prüffällen entspräche. Vielfach handele es sich um Einzelfallprüfungen im schriftlichen Verfahren, die einen immensen Schreibaufwand auf beiden Seiten verursachten. Die Interviewpartner aus Krankenhäusern würden zudem das neu eingeführte Entlassmanagement als viel zu bürokratisch empfinden, weil es überall dort mit einem hohen Dokumentations­aufwand verbunden sei, wo es keine funktionierende elektronische Patientenakte gäbe.

Auch an der Nahtstelle zwischen dem ambulanten und stationären Versorgungsbereich hat die Befragung ein hohes Maß an bürokratischer Belastung ergeben, unter anderem wegen fehlender oder nicht ausreichender digitaler Schnittstellen für eine effektive intersektorale Kommunikation. Genannt wurden überdies die Bedarfsplanung im ambulanten Bereich sowie die Ambulante Spezialärztliche Versorgung (ASV), deren „äußerst umfangreiche Antragstellung die Motivation zur Teilnahme ausbremsen“ würde.

Der ehemalige rheinland-pfälzische Gesundheitsminister und SPD-Politiker Florian Gerster, er ist Vorsitzender der GWRM, forderte ein „Ende der überbordenden Bürokratie“. Die Studie zeige, dass „das Maß an Regelungen weiter zunimmt“ und Ärzte und Einrichtungsträger von ihrer eigentlichen Aufgabe, dem Dienst am Menschen, immer mehr abhalte.

Die Autoren der Studie empfehlen unter anderem den Stopp weiterer Bürokratie und die Einsetzung einer „Task Force Entbürokratisierung“ im Bundestag. Ein solches Gremium solle neue Regelungen auf bürokratische Belastungen hin prüfen. Beim MDK soll es ihrer Meinung nach „effizientere Prüfverfahren“ und „unabhängige Prüfer“ geben. Mit einer Harmonisierung von länderspezifischen Vorgaben könnte die regionale Vielfalt in der Regulierung vermindert werden.

Statt komplexer Förderanträge schlagen die Autoren der Studie eine pauschalierte Investitionsmittelförderung vor. An der Schnittstelle der ambulanten und stationären Versorgung soll es eine „Entbürokratisierung“ durch Investitionen in digitale Technologien, durch den Einsatz von Dokumentationsassistenten in der Pflege und im Ärztlichen Dienst sowie einer „Harmonisierung der EDV-Systeme“ geben. Schließlich werden auch „mehr juristische Sicherheit“ und eine Reduktion von Haftungsrisiken angeregt.

litt

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