Testanbieter sollen ab Juli acht Euro pro Coronatest bekommen

Berlin – Nach mutmaßlichem Betrug in Corona-Schnellteststellen sollen die Betreiber ab Juli weniger abrechnen können. Zudem sollen sie strenger kontrolliert werden. Das sieht eine geänderte Testverordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, die zwischen den Bundesministerien derzeit abgestimmt wird und dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Sie soll am 16. Juni in Kraft treten.
Betreiber von Teststellen für Bürgertests sollen demnach für die Entnahme des Abstrichs ab 1. Juli nur noch 8 Euro abrechnen können. Gleiches gilt ab Anfang Juli auch für Arztpraxen oder Apotheken. Bisher waren es 15 bei ärztlichen und 12 Euro bei anderen Anbietern. Bei Teststellen, die eine überwachte Eigenanwendung anbieten, sollen es 5 Euro je Test sein. Weil die Tests günstiger geworden sind, sollen sie nur noch pauschal mit 4,50 statt mit bis zu 6 Euro abgerechnet werden können. Allerdings bietet beispielsweise der Drogeriemarkt "dm" die Selbsttests inzwischen für 95 Cent das Stück an.
Ab dem 1. August soll eine Abrechnung für Bürgertests nur noch möglich sein, wenn das Testzertifikat auch über die Corona-Warn-App des Robert Koch-Institutes (RKI) übermittelt werden kann.
Der Verdacht auf Testbetrug in großem Stil war durch eine Veröffentlichung von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung Ende Mai aufgekommen. Die abgerechneten Tests mehrerer von den Reportern beobachteter Stellen überstiegen demnach die Besucher an einzelnen Tagen deutlich.
Die für die Abrechnung zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen sollen die Abrechnungen künftig gründlicher prüfen – mithilfe von Wirtschaftsprüfern sowie auch im Detail und vor Ort. Auch rückwirkende Prüfungen sollen möglich sein, bei einem Anfangsverdacht auf „strafbare Handlungen“ sollen die KVen die zuständigen Staatsanwaltschaften informieren. Diese Zahlen sollen ab August monatlich auch an das Finanzamt gemeldet werden. Zuständig dafür werden ebenfalls die KVen, die ab Anfang August alle Daten für die ersten sieben Monate des Jahres 2021 an die Finanzbehörden liefern sollen.
Speziell gegen diese Pläne hatten sich bereits im Vorfeld die 17 Kassenärztlichen Vereinigungen sowie die Kassenärztliche Bundesvereinigung in einem Brief an Minister Jens Spahn (CDU) gewandt: Der Vorschlag der Bundesländer, dass KVen die Prüfungen übernehmen sollen wird darin kritisch bewertet: Die Prüfungen werde „den KVen weder rechtlich noch tatsächlich möglich sein und wirft für uns die Frage auf, ob die Kassenärztliche Vereinigungen künftig überhaupt noch Abrechnungen von Dritten, die nicht ihre Mitglieder sind, entgegen nehmen sollten." In dem Brief, den KBV-Vorstandvorsitzender Andreas Gassen unterschrieben hat, warnt er davor, dass die KVen zu „Verwaltungshelfern der Länder" werden und diese Prüfkriterien nicht vorliegen. Daher werde empfohlen, dass die Prüfungen weiter in der Hoheit der Länder belassen werden.
Um weitere nachträgliche Prüfungen veranlassen zu können, sollen die Teststellenbetreiber die Abrechnungen bis Ende 2024 zur Überprüfung aufbewaren. Dazu zählen Angaben und Adressen der getesteten Personen sowie deren Testergebnisse, die gewählten Möglichkeiten zur Ergebnisübermittlung, die Öffnungszeiten von Zentren sowie die Zahl der Tests an dem jeweiligen Tag. Auch die Kaufverträge für die Tests müssen nachweisbar sein.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) soll bis zum 21. Juni mit den zuständigen Verbänden sowie den drei Verbänden der kommunalen Verwaltungen festlegen, in welcher Form die Abrechnungsunterlagen und Leistungsdokumentation vorliegen muss. Dazu soll ein entsprechender, bundeseinheitlicher Vordruck geschaffen werden, „der elektronisch ausgestaltet“ sein soll.
Gesundheitsämter sollen die Stellen nur noch einzeln beauftragen können. Damit entfällt für Bundesländer die Möglichkeit, per Allgemeinverfügung Testanbieter den Auftrag zu erteilen.
Die Kosten für alle Zentren insgesamt taxiert der Entwurf auf 1,4 Milliarden Euro 2021. Je eine Million Testungen entstehen dem Bund laut dem Entwurf darüber hinaus Kosten von bis zu 15 Millionen Euro bis Juni beziehungsweise 9 Millionen Euro ab Juli sowie Sachkosten von bis zu 6 Millionen Euro bis Juni und 4,5 Millionen Euro ab Juli 2021.
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