Testpflicht für Reiserückkehrer gilt ab Sonntag für Ungeimpfte ab zwölf Jahren

Berlin – Wer nach Deutschland einreisen will und mindestens zwölf Jahre alt ist, muss ab dem kommenden Sonntag (1. August) nachweisen, dass er gegen SARS-CoV-2 vollständig geimpft, von der Krankheit genesenen oder getestet ist.
Eine entsprechende Verordnung wird das Bundeskabinett noch heute im Umlaufverfahren beschließen, wie das Bundesgesundheitsministerium in Berlin mitteilte. Mit der allgemeinen Testpflicht ist auch die Hoffnung verknüpft, dass sich künftig mehr Menschen impfen lassen.
„Alle nicht geimpften Einreisenden nach Deutschland müssen sich künftig testen lassen – egal ob sie mit dem Flugzeug, Auto oder der Bahn kommen“, erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Damit reduziere man das Risiko, dass zusätzliche Infektionen eingetragen werden.
Geimpfte und Genesene bräuchten keinen Test, betonte Spahn. Generell gelte damit, dass Reisen mit Impfung leichter sei. „Geimpfte sparen sich das Testen und müssen grundsätzlich auch nicht in Quarantäne. Das Impfangebot an alle im Sommer steht. Wir haben genügend Impfstoff.“
Der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz begrüßte die Einführung einer allgemeinen Testpflicht. „Die aktuellen Entwicklungen legen nahe, dass sich Reisende, die nicht vollständig geimpft oder genesen sind, bei ihrer Rückkehr nach Deutschland testen lassen sollten – unabhängig von der Frage, aus welchem Gebiet sie kommen und welches Verkehrsmittel sie nutzen“, sagte Scholz den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
In der Verordnung wird darauf verwiesen, dass immer noch fast alle Staaten der Welt von der COVID-19-Pandemie betroffen seien. „Durch Reisebewegungen und den Grenzverkehr können Infektionen eingetragen und neue Infektionsherde geschaffen werden.“ Zudem seien in verschiedenen Staaten neue Virusvarianten festgestellt worden, die zum Teil besorgniserregende Eigenschaften aufwiesen. Dazu gehörten eine leichtere Übertragbarkeit sowie eine „herabgesetzte Schutzwirkung“ bei Genesenen und vollständig Geimpften.
Um das System der Einreisebestimmungen zu vereinfachen, wird es Spahn zufolge künftig nur noch zwei Kategorien zur Einstufung von Ländern und Regionen geben: Hochrisiko- und Virusvariantengebiete. Die Kategorie der „einfachen“ Risikogebiete entfällt.
Bei der Rückkehr aus Hochrisikogebieten müssen Ungeimpfte eine zehntägige Quarantäne antreten, die frühestens ab dem fünften Tag durch Übermittlung eines Testnachweises beendet werden kann. Bei Virusvariantengebieten gilt weiter grundsätzlich die 14-tägige, nicht verkürzbare Absonderungspflicht für alle.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vermisst bislang klare Anweisungen für die Kontrollen zur Einhaltung der Testpflicht. Zudem sei das angesichts von 3.600 Kilometern Außengrenze sowie Bahnhöfen und Flughäfen eine „große Herausforderung“, sagte der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf , dem RBB-Programm Radioeins.
Die Testpflicht könnte nach Einschätzung Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ein Mittel gegen die Impfmüdigkeit sein. „Vielleicht könnte so mancher, der sich bisher noch nicht hat impfen lassen, auch dadurch noch zur Impfung gebracht werden“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Allerdings monierte er die Kurzfristigkeit des Vorhaben.
Ähnlich äußerte sich die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB). Die Maßnahme hätte eigentlich vier Wochen früher kommen müssen, sagte die Vorsitzende Susanne Johna zu ntv/RTL. Denn die Sommerferien seien ja in einigen Bundesländern schon bald zu Ende. Zehn Prozent der Infizierten seien Reiserückkehrer. Und „gerade in Urlaubssituationen sind die Menschen noch sorgloser“. Mit der Testpflicht werde die vierte Welle aber nicht gestoppt, sondern allenfalls gedrosselt.
Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland steigt seit mehr als drei Wochen an. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) von heute Mittag lag sie bei 16,5 – am Vortag betrug der Wert 16,0, am Freitag der Vorwoche 13,2. Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI zuletzt binnen eines Tages 2.454 neue Infektionen mit SARS-CoV-2. Die Zahlen gehen aus der Fallzahltabelle des RKI von heute Mittag (Stand 13 Uhr) hervor. Vor einer Woche hatte der Wert für Deutschland bei 2.089 Ansteckungen gelegen.
Die Inzidenz war in der Pandemie bisher Grundlage für viele Coronaeinschränkungen, etwa im Rahmen der Ende Juni ausgelaufenen Bundesnotbremse. Künftig sollen daneben nun weitere Werte wie Krankenhauseinweisungen stärker berücksichtigt werden.
Deutschlandweit wurde den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 30 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 34 Todesfälle gewesen. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 3.766.765 nachgewiesene Infektionen mit SARS-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit SARS-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 91.637.
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