Politik

Tumore am Gleichgewichtsnerv: Stereotaktische Radiochirurgie bietet Vorteile gegenüber OP

  • Montag, 18. Oktober 2021
/Rasi, stock.adobe.com
/Rasi, stock.adobe.com

Köln – Bei gutartigen Tumoren am Gleichgewichtsnerv (Vestibularisschwannome) bietet die gezielte stereotaktische Bestrahlung für die Patienten Vorteile gegenüber der mikrochirurgischen Resektion. Zu diesem Fazit gelangt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach einer Nutzenbewertung.

Vestibularisschwannome sind gutartige, meist langsam wachsende Tumore, die vom Gleichgewichtsnerv (Nervus vestibularis) ausgehen und meist ab einem Alter von etwa 50 Jahren einseitig auftreten.

Die Folge sind häufig Hörverlust, Tinnitus, Schwindelgefühle und Gesichtslähmungen. Für die Therapie­entscheidung spielen vor allem Größe, Lage und Wachstum des Tumors eine Rolle sowie die Kranken­geschichte und die Patientenpräferenz.

Insbesondere bei kleinen, nicht wachsenden Tumoren, die noch keine Symptome hervorrufen, ist beob­ach­tendes Abwarten möglich, erfordert laut dem IQWiG aber eine regelmäßige Magnetresonanztomo­gra­fie etwa alle zwölf Monate. „Bei deutlichen Beschwerden oder größeren Tumoren wird meist ope­riert“, schreiben die Wissenschaftler des Instituts.

Eine Bestrahlung kommt bei älteren Patienten mit behandlungsbedürftigem Vestibularisschwannom und bei erhöhtem Operationsrisiko in Frage: Das Tumorgewebe im Kopf wird bei der stereotaktischen Radio­chirurgie einmalig hoch dosiert und präzise mithilfe von Linearbeschleunigern oder Kobalt-60-Gamma-Strahlungsquellen bestrahlt. Dies erfolgt meist ambulant.

Das IQWiG konnte Ergebnisse aus insgesamt drei nicht randomisierten prospektiven vergleichenden Studien mit einer Nachbeobachtungszeit von etwa zwei Jahren auswerten. Danach ist das Risiko, eine Gesichtslähmung zu erleiden, bei einer stereotaktischen Behandlung etwa 17-mal geringer als bei einer mikrochirurgischen Resektion. Ebenfalls große Effekte zeigten sich für den Endpunkt Hörvermögen.

Die Chance, das funktionelle Hörvermögen zu erhalten, war bei einer radio­chirur­gischen Behandlung etwa 23-mal höher als bei einer mikrochirurgischen Resektion. Die mittlere Krankenhausverweildauer bei einer Bestrahlung betrug in den Studien 2,5 Tage und erfolgte ohne Klinikaufenthalt. Im Vergleich dazu war mit einer mikrochirurgischen Resektion stets ein Klinikaufent­halt von 5,1 bis 12,5 Tagen ver­bunden.

Für Therapieziele wie Sterblichkeit, Symptome wie Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, Tinnitus, Gleich­ge­wichtsstörungen oder Krankheitsfolgen sowie Nebenwirkungen sowie gesundheitsbezogene Lebensqua­li­tät zeigten sich keine Vorteile der Bestrahlung im Vergleich zur mikrochirurgischen Resektion.

„Aus der Nutzen-Schaden-Abwägung der vorliegenden Studienergebnisse ergibt sich insgesamt ein An­haltspunkt für einen höheren Nutzen der stereotaktischen Radiochirurgie bei Patientinnen und Patienten mit behandlungsbedürftigen Vestibularisschwannomen im Vergleich zur mikrochirurgischen Resektion“, lautet das Fazit des IQWiG.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung