TV-Ärzte Charité: Marburger Bund denkt über Kündigung nach

Berlin – Die Fronten in den Gesprächen zwischen Marburger Bund (MB) und Charité – Universitätsmedizin Berlin über einen neuen Tarifvertrag TV-Ärzte Charité sind weiter verhärtet. Die Charité deutet ihr neuestes Angebot als Entgegenkommen an die Ärztegewerkschaft. Die hingegen überlegt, den Tarifvertrag komplett aufzukündigen.
Nach Aussagen des Landesvorsitzenden des Marburger Bundes Berlin/Brandenburg, Peter Bobbert, hat die Charité auch in der vierten und fünften Verhandlungsrunde nach intensiven Gesprächen am 17. Oktober und 19. Oktober „immer noch kein akzeptables Angebot“ unterbreitet.
„Wir werden uns jetzt mit unseren Mitgliedern intensiv beraten und das weitere Vorgehen besprechen“, sagte Bobbert dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) heute auf Nachfrage. Die Charité trage für jede weitere Eskalation die Verantwortung.
„Denkbar ist eine Kündigung des kompletten Tarifvertrages TV-Ärzte Charité, möglich sind auch weitere Arbeitskampfmaßnahmen. Darüber werden wir jetzt in Ruhe und auf einer breiten Basis entscheiden“, sagte Bobbert, der zugleich Präsident der Ärztekammer Berlin ist.
Bobbert betonte, das, was die Charité auf den Tisch gelegt habe, sei „keine substanzielle Verbesserung“. Die Themen, die man seit April mit der Arbeitgeberseite diskutiere, um auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen hinzuwirken, wurden nicht adäquat adressiert.
„Insbesondere beinhaltet das letzte Angebot eine unzureichende lineare Steigerung des Tabellenentgelts bei einer viel zu langen Laufzeit des Tarifvertrages“, so Bobbert. Das Angebot sei damit nicht nur weit entfernt von den ursprünglichen Forderungen des MB, sondern beachte auch keineswegs die vergangene und prognostizierte Preisentwicklung.
Von der Charité hieß es heute, der Vorstand habe „ein großes Interesse daran, die Arbeitsbedingungen für die Ärztinnen und Ärzte der Universitätsmedizin zukunftsfest zu machen“. Die Forderungen des Marburger Bundes zur Entgelterhöhung sowie zu Zuschlägen für Nachtarbeit und Bereitschaftsdienste würden „weitgehend akzeptiert“.
Darüber hinaus habe die Charité ein zusätzliches Paket mit Angeboten zu Arbeitszeit und Entlastung, Fort- und Weiterbildung, Entbürokratisierung und Gleichstellung vorgelegt, das über die vom Marburger Bund gekündigten Inhalte des Tarifvertrages nach eigenen Aussagen hinausgehe. Man setze weiterhin auf „konstruktive Gespräche“ und „auf eine baldige Einigung“.
Im Fokus der Verhandlungen stehen unter anderem eine Lohnsteigerung, Zuschläge für Nacht- und Bereitschaftsdienste sowie eine verlässliche Dienstplanung. Vor allem bei der Vergütung hakt es weiterhin.
Zu den Kernforderungen der Gewerkschaft zählen eine lineare Erhöhung beim Gehalt um 6,9 Prozent, zusätzliche Vergütungsstufen für Fach- und Oberärzte und verlässlichere Dienstpläne. Außerdem sollen maximal vier Bereitschaftsdienste pro Monat geleistet werden müssen und gestaffelte Zuschläge für kurzfristiges Einspringen gezahlt werden.
Die Charité bietet eine Erhöhung um 4,5 Prozent in drei Stufen rückwirkend ab dem 1. April 2022 an. Darüber hinaus komme man der Forderung des MB nach Erhöhung auf 25 Prozent Zuschlag für Nachtarbeit nach, so die Uniklinik. Weiterhin akzeptiere man die geforderte Erhöhung der Zuschläge auf 25 Prozent für Bereitschaftsdienste in den Nachtstunden sowie an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen.
Bei mehr als neun Bereitschaftsdiensten in zwei Kalendermonaten ist die Charité bereit, für jeden Bereitschaftsdienst, der darüber hinaus geleistet wird, 25 Prozent Zuschlag zu zahlen. Ein Entgegenkommen sieht die Charité auch bei den Dienstplanungen. Man biete etwa keine Dienste nach 21 Uhr vor einem freien Wochenende.
Erst Anfang Oktober hatten mehrere Hundert Ärzte der Charité für mehr Lohn und weniger Arbeitsbelastung gestreikt. Die Charité zählt mit konzernweit rund 21.000 Beschäftigten zu den größten Arbeitgebern Berlins.
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