Unionspolitiker fordert Neuausrichtung der Organspende

Berlin – Für eine grundlegende Neuausrichtung der Organspende in Deutschland hat sich der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Georg Nüßlein (CSU), ausgesprochen. Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland, fordert der CSU-Politiker in einem Positionspapier die Einführung einer Widerspruchslösung. Abweichend von der bisherigen Praxis, wonach Organentnahmen nur bei ausdrücklicher Zustimmung möglich sind, soll demnach grundsätzlich jeder Bundesbürger ein potenzieller Spender sein – außer bei ausdrücklichem Widerspruch.
Nüßlein spricht dabei von einer „doppelten Widerspruchslösung“, wonach sowohl der Verstorbene zu Lebzeiten als auch dessen Angehörige einer Organentnahme widersprechen können. Hintergrund der Forderung ist ein beständiger Rückgang der Zahl der Organspenden in Deutschland. Sie hatten im vergangenen Jahr einen Tiefpunkt erreicht. Deutschland liegt damit im europäischen Vergleich weit hinten.
Die Poltik muss Lösungen finden
Der Rückgang der gespendeten Organe um 9,5 Prozent im vergangenen Jahr sei „mit Sorge zu betrachten“, schreibt Nüßlein. „Die Politik ist – auch mit Blick auf unsere christliche Verantwortung für den Schutz und Erhalt des Lebens – dazu aufgerufen, hier Lösungen zu finden.“ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat für den Herbst eine Gesetzesinitiative zur Organspende angekündigt. Zur Widerspruchslösung legte er sich bislang noch nicht konkret fest.
Nüßlein will auch die Prozesse in der Transplantationsmedizin verbessern. So müssten die Transplantationsbeauftragten in Krankenhäusern „ab einer gewissen Größe“ von Routineaufgaben freigestellt werden. Die Kliniken sollten zudem höhere Vergütungen für Organentnahmen erhalten – ebenso wie Ärzte für die Identifikation potenzieller Spender. Zudem spricht sich Nüßlein für mobile Expertenteams zur Feststellung des Hirntods aus. Kleinere Kliniken hätten diese Expertise nicht, so Nüßlein.
Der CSU-Politiker fordert darüber hinaus eine neue Kampagne, um die Bevölkerung zu Fragen der Organspende zu informieren. Problematisch sei auch, dass Ärzte in Krankenhäusern in Notfallsituationen oft nicht wüssten, ob sie es mit einem potenziellen Organspender zu tun hätten. „Ein zentrales Register, das alle Personen aufführt, die bereit sind, Organe zu spenden, könnte hier Abhilfe schaffen“, so Nüßlein. Auch ein entsprechender Vermerk auf dem Personalausweis sei denkbar.
Die Grünen-Politikerin Kirsten Kappert-Gonther, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit, betonte heute, die Widerspruchslösung sei „ein tiefgreifender Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht“. Nach aktueller Datenlage wäre gar nicht gesichert, dass dadurch die Zahl der Spenderorgane steige. Sie wies darauf hin, dass Nüßleins Vorstoß sich auch gegen die Position von Gesundheitspolitikern der Unionsfraktion richte, die „ebenfalls Zweifel“ hätten, so Kappert-Gonther.
Ihrer Meinung nach müssten die Abläufe in den Kliniken so verbessert werden, dass Organspender rechtzeitig erkannt werden. Dafür müssen die Transplantationsbeauftragten deutlicher als bisher von ihren sonstigen Pflichten freigestellt werden. Auch müsse die Entschädigung der Kliniken für Organspenden so verbessert werden, dass sie zumindest die entstehenden Kosten deckten. Darüber hinaus gehöre das Thema Organspende in die Curricula der ärztlichen Ausbildung.
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