Unklare Formulierung zur Finanzierung von Tests durch GKV und PKV

Berlin – Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hat heute das zweite Pandemiegesetz beschlossen. Darin enthalten sind auch weitere weitreichende Befugnisse für das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sowie finanzielle Förderungen für den Öffentlichen Gesundheitsdienst und eine Ausweitung von Testkapazitäten.
Dabei sind in den Änderungsanträgen, die im Gesundheitsausschuss verabschiedet wurden, auch Formulierungen enthalten, die zu Irritationen führen. So heißt es in der Begründung zu dem Antrag, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt: „Die Aufwendungen für Testungen bei symptomfreien Personen außerhalb der Krankenbehandlung und Leistungen für nicht gesetzlich Versicherte, die der gesetzlichen Krankenversicherung als versicherungsfremde Leistungsaufwendungen entstehen, werden aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds gezahlt.“
Mit der Formulierung „nicht gesetzlich Versicherte Personen“ könnten auch PKV-versicherte Personen gemeint sein – oder Menschen ohne generellen Krankenversicherungsschutz. Dies wird im Krankenkassenlager unterschiedlich verstanden. So heißt es einerseits, dass möglicherweise ein Formulierungsfehler aufgetaucht sei, da das Gesetz in kurzer Zeit geschrieben wurde.
Der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, erklärt auf Anfrage des Deutschen Ärzteblattes: „Die aktuell geplante Finanzierung der pandemiebedingten Testungen wirft immer noch einige Fragen auf. Auch halte ich es für sozial unausgewogen und nicht akzeptabel, dass nun die GKV auch die Finanzverantwortung für die PKV-Versicherten übernehmen soll“, so Litsch.
Vom Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) heißt es, dass mit der Formulierung eher die gemeinsame Forderung von GKV und PKV erfüllt werde, dass der Steuermittel für die zusätzlichen Tests eingesetzt werden müssten. So sei die GKV aus administrativen Gründen hier zur Abwicklung eingesetzt, später beteilige man sich an den Kosten.
Wie die Kostenverteilung genau geregelt werden soll, wie ein möglicher Zuschuss des Bundes zum Gesundheitsfonds geregelt ist, ist dabei noch unklar. „Es bleibt insgesamt unbestimmt, ob und in welcher Höhe später der Gesundheitsfonds eine Kompensation über Bundesmittel erhält. Das wollen BMG und BMF im zweiten Halbjahr klären“, sagte Litsch auch im Hinblick auf die ersten Gespräche mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu einer Erhöhung des Steuerzuschusses sowie Fragen von Liquiditätsproblemen der Krankenkassen. Nach dem Termin vorgestern Abend habe man sich allerdings nach „konstruktiven Gesprächen“ auf den Herbst vertagt, hieß es aus Teilnehmerkreisen.
Auch aus der CDU-Fraktion im Bundestag hieß es, dass die Krankenkassen mit konkreten Zahlen argumentieren müssten, damit man über Steuerzuschüsse reden könne. Im Augenblick könne – auch vor dem Hintergrund der unklaren Entwicklung der Situation des Arbeitsmarktes – keine seriöse Aussage zur Beitragssatzentwicklung bei den Kassen getroffen werden, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion und Gesundheitsexperte Georg Nüßlein (CSU).
In der Diskussion um eine Ausweitung der Tests sieht es auch der PKV-Verband kritisch, dass es zusätzlich Tests von Menschen ohne Symptomen gibt und rät „von Schnellschüssen ab.“ „Unkoordinierte Massentests würden einen riesigen Aufwand erfordern, ohne dass dadurch ein nennenswerter Erkenntnisgewinn im Kampf gegen das Coronavirus entsteht“, sagte der Sprecher des PKV-Verbandes, Stefan Reker, auf Anfrage.
Ähnlich wie die GKV fordert auch die PKV Steuergelder für die zusätzlichen Tests: „Wenn die Politik solche Massentests anordnen sollte, handelt es sich um Maßnahmen von nationaler Tragweite zum Infektionsschutz der gesamten Bevölkerung“, erklärt Reker. „Die Kosten müssten daher von der Staatskasse und somit von allen Steuerzahlern getragen werden, sie dürften nicht auf die viel kleinere Gruppe der Beitragszahler in der Krankenversicherung abgewälzt werden“, sagte Reker zum Deutschen Ärzteblatt.
Das zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (kurz zweites Pandemiegesetz) soll morgen im Bundestag abschließend beraten werden.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: