Streit um günstigere SARS-CoV-2-Tests

Berlin – Für einen Nukleinsäurenachweis des Beta-Coronavirus SARS-CoV-2 mittels RT-PCR werden 59 Euro erstattet. Den Krankenkassen ist dieser Preis zu hoch. Das sorgt jetzt für Streit.
Selbst bei einem Testpreis von 15 Euro könnten die Labore noch Gewinn erzielen, hatte der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, der Rheinischen Post gesagt. Litsch hatte dem Zeitungsbericht zufolge argumentiert, dass in Marktwirtschaften der Preis normalerweise mit dem Anstieg der Menge sinke.
Deshalb müsse „auf jeden Fall über den Preis der Tests auf das Coronavirus verhandelt“ werden. Er verwies auch darauf, dass die Tests eigentlich zur Gefahrenabwehr in einer Pandemie gehörten und dass deren Finanzierung die Aufgabe des Staates sei.
Eine deutliche Reaktion kam vom Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). „Unangemessen, realitätsfern und ein vollkommen falsches Signal“, urteilten der Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen sowie der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Stephan Hofmeister.
„Wer wie AOK-Chef Martin Litsch erklärt, auch bei einem Testpreis von 15 Euro könnten die Labore noch Gewinne erzielen, hat offenbar die Sachlage nicht verstanden“, kritisierte Gassen. Mit einem solchen Preis würden gerade einmal die für den Test erforderlichen Reagenzien abgedeckt.
„Um ein Testergebnis zu bekommen, werden Infrastruktur, Raum, Geräte, entsprechend qualifizierte Mitarbeitende und Qualitätssicherung benötigt. Das ist mit einem Dumpingpreis von 15 Euro nicht zu haben“, führte er aus.
Hofmeister erklärte, im internationalen Vergleich bewege sich Deutschland im unteren Mittelfeld, was die Preise für einen PCR-Test angehe. „In den USA kostet der Test rund 90, in der Schweiz 80 Euro. Und wir haben in Deutschland die gleichen Kosten für Reagenzien und Materialien wie in diesen Ländern auch“, so Hofmeister.
Labore üben Kritik
Auch bei den Laboren stößt die Forderung nach einer Senkung der Gebühren auf wenig Verständnis: Dies sei „weder sachgerecht noch angemessen“, sagte Michael Müller, 1. Vorsitzender der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) heute bei einer virtuellen Pressekonferenz.
Müller befürchtet derweil, dass für ein Viertel der derzeitigen Gebühr gerade einmal die für den Test erforderlichen Reagenzien abgedeckt wären. „Aber dann steht der Test im Labor und es passiert nichts. Für die Erzeugung eines Testergebnisses braucht man Infrastruktur, Raum, Geräte, geschulte Mitarbeiter, Datenerfassung, Qualitätssicherung und Logistik.“
Auch mengenbedingte Skaleneffekte träten nicht ein, ergänzte ALM-Vorstand Evangelos Kotsopoulos: „Für die Testmaterialien verlangen die Hersteller global einen ähnlichen Preis, hier hilft es uns auch nicht, dass wir vergleichsweise viel testen.“
Kotsopoulos wies darauf hin, dass sich die Kosten für einen PCR-Test auf SARS-CoV-2 „in Deutschland eher im unteren Mittelfeld“ bewegten. In den USA koste ein Test umgerechnet rund 91 Euro, in der Schweiz umgerechnet rund 80 Euro. „Wir haben keinen außergewöhnlich hohen oder außergewöhnlich niedrigen Erstattungssatz, er ist aus unserer Sicht angemessen und richtig.“
Labortests verursachen nur Bruchteil der Coronakosten
Bei 3,5 Millionen Tests zu je 59 Euro sei die Frage nach der Summe, die man bereit ist, dafür auszugeben, durchaus legitim, räumte Müller ein. Allerdings machten die Laborleistungen im Vergleich zu den Gesamtkosten, die die Versorgung von SARS-CoV-2-Patienten verursachten, nur wenige Prozent aus – seien aber die Grundvoraussetzung, um Infizierte zu identifizieren und die Pandemie einzudämmen.
Als positiv bewerten die Labormediziner, dass die Kassen zusammen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine Gebührenordnungsziffer für den Test auf SARS-CoV-2 geschaffen haben.
Als in anderen Ländern noch darüber nachgedacht worden sei, ob man überhaupt auf dieses Virus testen sollte, „konnte hier schon flächendeckend losgelegt werden, weil die Labore wussten, dass ihre Investitionen zumindest zum Teil gedeckt sind“, lobte Kotsopoulos.
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