Politik

„Unser Krankenhauswesen ist inzwischen selbst zum Patienten geworden“

  • Sonntag, 9. Juli 2023

Berlin – Am Montag wird in großer Runde zwischen Bund, Ländern und Bundestagsfraktionen weiter über die Krankenhausreform beraten. Ob es eine Einigung geben wird, ist noch völlig offen. Es gibt noch zahlreiche Streitpunkte. Dass Vertreter der Bundestagsfraktionen mit dabei sind, war Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ein Anliegen. Welche Leitplanken für die Parlamentarier bei der Krankenhausreform gelten, verrät der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Janosch Dahmen, im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt.

Janosch Dahmen /Grüne im Bundestag, S. Kaminski
Janosch Dahmen /Grüne im Bundestag, S. Kaminski

5 Fragen an Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag

Herr Dahmen, welche Impulse bringen Sie von den Bundestagsfrak­tionen in die Beratungen am Montag mit ein?
Wir sind auf einem guten Weg. Ich bin zuversichtlich das wir am Mon­tag Eckpunkte für diese wichtige Reform als Bund mit den Ländern einen werden und damit die nächste Phase des Reformprozesse ein­leiten werden. Über den Sommer wird der Gesetzesentwurf dann konkret ausbuch­stabiert werden.

Im Kern geht es uns in den Fraktionen der Ampel darum, dass wir Finanzierung, Qualität sowie Strukturen im Krankenhauswesen ein­heitlich, transparent und bedarfsgerecht organisieren und damit für eine gute, gleichwertige Krankenhausversorgung überall in Deutsch­land sorgen.

Es hat sich gezeigt, dass es bei den Gesprächen zwischen den Ge­sundheitsministerinnen und Gesundheitsministern der Länder am Bodensee noch eine Reihe offener Punkte gab, die Montag nun ge­meinsam mit dem Bund geeint werden müssen.

Was welche roten Linien haben Sie? Was muss unbedingt in der Reform enthalten sein?
Eine rote Linie ist für uns, dass die Qualität der Versorgung nicht weiter zulasten von Patientinnen und Patien­ten und Personal sinken darf. Unser Krankenhauswesen ist durch den Fachkräftemangel und ein fehlgeleitetes Finanzierungssystem inzwischen selbst zum Patienten geworden.

Eine Reform, die in Kauf nehmen würde, dass das so bleibt, ist für uns nicht akzeptabel. Am Ende des Tages ist es wichtig, dass eine Patientin oder ein Patient in Friedrichshafen genauso gut versorgt ist wie in Flensburg. Dazu müssen die Kriterien und die Standards nach denen Geld verteilt sowie die Qualität sichergestellt werden muss, entsprechend dem Stand der Wissenschaft bundeseinheitlich sein.

Die Darstellung von Qualität in Krankenhäusern war in den vergangenen Wochen immer wieder Streitpunkt zwischen Bund und Ländern. Können Sie den Widerstand der Länder verstehen?
Wenn wir uns die Krankenhauspolitik der letzten 20 Jahre anschauen, dann sind manche Probleme, die wir haben, überhaupt erst entstanden, weil es an Transparenz sowie an Einheitlichkeit insbesondere bei Qualitäts­vorgaben gefehlt hat.

Ein wichtiger Schritt bei der Verbesserung von Strukturen liegt darin, dass man überhaupt erst einmal darstellt, wie Qualität und Strukturen an unterschiedlichen Orten in Deutschland aussehen. Wir schaffen dadurch Er­wart­barkeit, Verlässlichkeit und Berechenbarkeit für das, was ein gutes Krankenhaus für Patientinnen und Patienten sowie Personal ist und zukünftig sein muss.

Wie stellen Sie sich das parlamentarische Verfahren zu dem Gesetz vor?
Bei der Beratung des Gesetzes werden wir noch einmal tief in die Details einsteigen müssen, zum Beispiel, wenn es um die spezifischen Strukturvorhaben von einzelnen Leistungsgruppen gehen wird.

Natürlich werden wir auf dem Weg dorthin in Regierung und Parlament den intensiven Gesprächsfaden, den wir mit den Länden in den vergangenen Monaten etabliert haben, aufrechterhalten, sodass wir am Ende ein Gesetz vorlegen können, dass von Bund und Ländern gemeinsam getragen wird.

Auch werden wir im Rahmen des parlamentarischen Prozesses die Gespräche mit Patientenvertretungen, den Fachgesellschaften und der Selbstverwaltung intensiv fortsetzen.

Wie weit ist die Reform noch von einem Erfolg entfernt – wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie am Montag noch scheitert?
Wenn man danach fragt, ob das Glas heute halbvoll oder halbleer ist, dann zeigt der Blick zurück, dass wir schon sehr viel Wegstrecke hin zu Gemeinsamkeit und einer großen wirkungsvollen Reform zurückgelegt haben. Alle in Regierungsverantwortung in Bund und Ländern müssen anerkennen, dass wir dringend eine wirkungsvolle Krankenhausreform brauchen.

Das schweißt auch mit Blick auf Montag und den weiteren Weg zusammen. Ich bin überzeugt, mit einer wirkungsvollen Reform heilen wir das Krankenhauswesen. Wir retten die Kliniken und sorgen für die richtige Versorgung zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

bee

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