Unterschiedliche Auffassungen zur Biofeedback-Therapie gegen Migräne

Essen – Der IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes Bund hat den Nutzen oder Schaden einer Biofeedback-Therapie bei Migräne als „unklar“ eingestuft. Es ist die zweite Bewertung dieser Selbstzahlerleistung durch das Team des IGeL-Monitors seit 2012. Auch vor zwölf Jahren stufte der Monitor die Leistung mit „unklar“ ein.
Die Deutsche Migräne und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) vertritt allerdings mit Verweis auf die Leitlinie „Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) eine andere Auffassung: Sie empfiehlt die Biofeedback-Therapie.
Zur Vorbeugung von Migräne mittels Biofeedback fand das IGeL-Team drei systematische Übersichtsarbeiten, die laut dem Team jedoch keine Schlüsse zuließen.
Das gilt zum Beispiel, weil die Biofeedback-Therapie nicht einzeln, sondern nur als Teil einer kognitiven Verhaltenstherapie untersucht, weil sie nur mit Kindern und nicht mit Erwachsenen durchgeführt oder weil die Migräne nicht separat, sondern zusammen mit Spannungskopfschmerzen betrachtet wurde.
Auch die Auswertung von drei Einzelstudien zu dieser Fragestellung erhöhte die Aussagesicherheit zu dieser Fragestellung laut dem Team des IGeL-Monitors nicht.
Unklar ist der Evidenzrecherche zufolge ebenfalls, ob das Biofeedback zur Behandlung eines akuten Migräneanfalls geeignet ist. Für diese Fragestellung fand der IGeL-Monitor weder Primärstudien noch systematische Übersichtsarbeiten. Insofern konnte weder ein Nutzen noch ein Schaden abgeleitet werden.
Die S1-Leitlinie der DGN „Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne“ behandelt Biofeedback-Verfahren in einem eigenen Kapitel (10.4): „Somit kommen Metaanalysen übereinstimmend zu der Einschätzung, dass sowohl Entspannungsverfahren als auch verschiedene Biofeedback-Verfahren im Mittel eine Reduktion der Migränehäufigkeit um 35-45 % erreichen“, heißt es dort. Die Effektstärke dieser Verfahren liege damit in dem Bereich, der für Propranolol angegeben werde.
„Die Effekte der Biofeedbackverfahren sind in der Größe mit denen von Entspannungsverfahren oder kognitiv-verhaltenstherapeutischen Verfahren vergleichbar“, heißt es in der Leitlinie weiter. „Biofeedbackverfahren werden zur Prophylaxe der Migräne empfohlen. Sie können statt oder in Kombination mit einer medikamentösen Prophylaxe eingesetzt werden“, lautet ein Fazit der Leitliniegruppe. Zur Behandlung der akuten Migräneattacke eigne sich zudem das Vasokonstriktionstraining.
Bei der Biofeedback-Therapie sollen Patienten lernen, unbewusst ablaufende Körpervorgänge aktiv zu beeinflussen. So lernen sie beispielsweise, durch bestimmte Entspannungsübungen ihre Hände zu erwärmen oder Blutgefäße in bestimmten Körperregionen zu verengen. Über elektronische Messgeräte erhalten sie eine hör-, sicht- oder fühlbare Rückmeldung, wie gut dies gelingt.
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