Urologen empfehlen HPV-Impfung für Jungen

Düsseldorf – Die derzeitige von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlene Praxis, lediglich Mädchen zwischen 9 und 14 Jahren zu impfen (Stand: August 2015), ist nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) und des Berufsverbandes der Deutschen Urologen (BDU) nicht mehr zeitgemäß. Sie berücksichtige weder die vielfachen Lebenswelten sexuell aktiver Menschen noch die niedrigen Impfquoten bei Mädchen. Im Sinne eines umfassenden Schutzes unabhängig von der sexuellen Orientierung empfehlen DGU und BDU jetzt, auch Jungen zu impfen. Die Stiftung Männergesundheit fordert die Ständische Impfkommission auf, die HPV-Impfung für Jungen zu empfehlen. Auch die Gesellschaft für Virologie (GfV) steht der HPV-Impfung von Jungen positiv gegenüber.
„Ein Argument für die alleinige Impfung der Mädchen war bisher immer, auf diese Weise die HPV-Last bei sexuell aktiven jungen Frauen so stark abzusenken, dass sich die jungen Männer als Sexualpartner der geimpften Frauen ebenfalls nicht mehr anstecken können“, erklärt DGU-Präsident Kurt Miller. Dieser Herdenschutz funktioniere allerdings nur, wenn über die HPV-Impfung mehr als 85 % der jungen Mädchen erfasst würden. Die Impfquoten der Mädchen liegen jedoch mit weniger als 40 % deutlich darunter.
Der Herdenschutz durch die Impfung der Mädchen greife auch dann nicht, wenn junge Männer Sex mit Männern hätten. „Da der Penis den Haupt-Transmitter für HPV darstellt, ist der Verzicht auf die Jungenimpfung fahrlässig“, folgert Miller.
HPV-Impfung für Jungen bei einigen Krankenkassen brereits abrechnungsfähig
Die Sächsische Impfkommission (SIKO) empfiehlt die HPV-Impfung für Jungen und junge Männer mithilfe des tetravalenten Impfstoffes gegen karzinogene und warzenfördernde HP-Viren bereits seit Jahren (aktueller Stand: Januar 2016). Selbst für die kassenärztliche Abrechnung wurde im Freistaat eine Lösung gefunden: Die Impfung, da offiziell von der SIKO empfohlen, ist abrechnungsfähig bei den sächsischen Krankenkassen.
Mittlerweile öffnen sich bundesweit weitere, meist kleine Krankenkassen (zum Beispiel die Bahn-BKK) für die Erstattung der HPV-Impfung bei Jungen. Es empfiehlt sich dennoch im Einzelfall, vorab die Kostenübernahme mit der zuständigen Kasse zu klären. Seit April 2016 steht ein nonavalenter Impfstoff zur Verfügung, der gegen neun HPV-Subtypen schützt und somit noch mehr Sicherheit bietet.
„Die STIKO müsse jedoch ihrer sehr stringenten Standardvorgehensweise folgen und sollte dies auch so beibehalten“, sagt Thomas Mertens, Präsident der GfV und Mitglied der STIKO. Die Anforderungen an eine Impfempfehlung seien sehr hoch, insbesondere an die zugrundeliegende Evidenz. „Die STIKO befindet sich auch zu HPV in einer intensiven Diskussion. Fachgesellschaften haben es hier vergleichsweise leicht“, so Mertens.
Die höchste Wirksamkeit zeigt die Impfung vor dem ersten Geschlechtsverkehr. Jedoch steht inzwischen fest, dass auch bei sexuell erfahrenen Erwachsenen die Folgeerkrankungen nach erfolgter Infektion wie auch die Rezidive bei bereits manifesten und behandelten Cervixkarzinomen signifikant reduziert werden. „Die international vorliegenden wissenschaftlichen Daten stützen unsere Empfehlung für eine HPV-Impfung bei Jungen“, sagt Oliver Hakenberg, Generalsekretär der DGU. Informiert werden sollen Jungen in der Jungensprechstunde beim Urologen.
Auch die britische HPV Action (hpvaction.org) bezieht deutlich Stellung: Jungen vom HPV- Impfprogramm auszuschließen sei unethisch, stelle eine Diskriminierung dar und sei Zeichen für eine schlechte öffentliche Gesundheitspolitik. Und es stelle möglicherweise auch einen Verstoß gegen die Rechtsvorschriften zur Gleichstellung dar.
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