Urteil in Coronaimpfschadenprozess verschoben, Gericht holt Gutachten ein

Bamberg – Im Prozess um einen mutmaßlichen Coronaimpfschaden hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg Zweifel daran erkennen lassen, ob der beklagte Hersteller Astrazeneca ausreichend über Nebenwirkungen informiert hat.
Der Senat gehe derzeit davon aus, dass die Klägerin nicht mit dem Impfstoff von Astrazeneca geimpft worden wäre, wenn das Risiko einer Darmvenenthrombose in der Fachinformation des Herstellers dargestellt gewesen wäre, teilte das Gericht heute mit.
Ausreichende Anhaltspunkte für eine Haftung von Astrazeneca wegen „unvertretbarer schädlicher Wirkungen“ des Impfstoffs (Paragraf 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Arzneimittelgesetz) sieht der Senat des OLG derzeit aber nicht.
Hierzu wäre es erforderlich, dass nach der Zulassung des Impfstoffs am 31. Oktober 2022 neue Erkenntnisse aufgetreten wären, die einer Zulassung entgegengestanden hätten. Die von der Klägerin angeführten Nebenwirkungen seien jedoch schon im Zeitpunkt der Zulassung bekannt gewesen und bei dieser berücksichtigt worden.
Im Hinblick auf eine von der Klägerin behauptete Haftung wegen „unzureichender Arzneimittelinformation“ (Paragraf 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG) beabsichtigt der Senat dagegen, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Mit diesem soll die Frage geklärt werden, „ob eine Darstellung in der Fachinformation nach dem damaligen wissenschaftlichen Stand geboten war.“
Die ursprünglich für diesen Tag anberaumte Urteilsverkündung durch das OLG wurde verschoben. Der vierte Zivilsenat des Gerichts hält das Verfahren noch nicht für entscheidungsreif und hat den Parteien Gelegenheit gegeben, sich zu dem Hinweisbeschluss mit den oben genannten Inhalten schriftlich zu äußern.
Eine 33 Jahre alte Frau aus Oberfranken klagt gegen den Hersteller Astrazeneca auf Schadenersatz. Sie hatte sich im März 2021 mit dem COVID-19-Vakzin Vaxzevria des britisch-schwedischen Unternehmens impfen lassen und danach eine Darmvenenthrombose erlitten. Letztlich musste ihr ein Teil des Darms entfernt werden.
Der Anwalt der Frau, Volker Loeschner, bezeichnete die Entscheidung des Gerichts als Etappensieg. Von der Entscheidung gehe zudem eine Signalwirkung für andere Verfahren aus, dass Gerichte nicht ohne Gutachten über diese Thematik entscheiden könnten.
Das Landgericht Hof hatte die Klage der Frau zuvor abgewiesen, da es weder einen Produktfehler noch einen Informationsfehler im Zusammenhang mit dem Impfstoff feststellen konnte. Dagegen legte die Frau Berufung ein.
Von Astrazeneca fordert sie mindestens 250.000 Euro Schmerzensgeld sowie 17.200 Euro für einen Verdienstausfall und bis zu 600.000 Euro für künftige Beeinträchtigungen. Die Anwälte von Astrazeneca schlossen einen Vergleich mit der Klägerin bislang aus und verwiesen dabei auf die Entscheidung der ersten Instanz.
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