Medizin

USA: Höhere Müttersterblichkeit und mehr Schwangerschafts­komplikationen in der Pandemie

  • Montag, 15. August 2022
/Patrick Daxenbichler, stock.adobe.com
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Boston – In der Coronapande­mie ist in den USA offenbar die Müttersterblichkeit bei der Geburt sowie das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen angestiegen. Dies zeigt eine retrospektive Studie, die mehr als 1,6 Millionen Schwangere vor und nach der Pandemie verglichen hat. Die Ergebnisse sind in JAMA Network Open erschienen (2022; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.26531).

„In einer nationalen Stichprobe an 463 Krankenhäusern fanden wir einen kleine, aber signifikante Zunahme der Sterblichkeit bei den Müttern während des Krankenhausaufenthaltes sowie eine Zunahme an hyperten­siven Erkrankungen und Blutungen“, berichten Rose Molina vom Department of Obstetrics and Gynecology am Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston, USA, und ihre Koautoren.

Die retrospektive Studie umfasst schwangere Frauen, die an 463 US-Krankenhäusern betreut wurden. Vergli­chen wurden Schwangerschaftsverläufe, Komplikationen und Dauer des Krankenhausaufenthaltes zwischen einer Phase in der COVID-19-Pandemie (März-April 2021) und einer Phase vor der Pandemie (Januar-Februar 2020).

In der Pandemiephase wurden die Daten von 849.544 Schwangere analysiert, in der präpandemischen Phase waren es 805.324 Schwangere. Die Patientencharakteristika wie Alter, Ethnizität, Versicherungsform und Be­gleiterkrankungen hätten sich zwischen den beiden Phasen nicht unterschieden, schreiben die Autoren.

Keine Veränderungen bei den Fehl- und Todgeburten

Die Rate an maternalen Todesfällen bei der Entbindung stieg in der Pandemiephase von 5,17 auf 8,69 pro 100.000 Schwangeren (OR 1,75). Bei Fehl- und Todgeburten gab es dagegen keine Unterschiede zwischen den beiden Phasen.

Molina und ihre Kollegen berichten außerdem, dass die Häufigkeit verschiedener Schwangerschaftskom­plikationen zugenommen habe. In der Pandemiephase hatten mehr Frauen einen Schwangerschaftshoch­druck (OR 1,08), Blutungen (OR 1,07), Präeklampsie (OR 1,04;) und eine vorbestehende chronische Hypertonie (OR 1,06).

Eine Assoziation zwischen COVID-19-Pandemie und Entbindungsmethode gab es dagegen nicht, die Verände­rungen waren minimal (vaginale Entbindung: OR 1,01; primäre Sectio: OR 1,02; vaginale Entbindung nach Sectio: OR 0,98; mehrfache Sectio: OR 0,96).

Kürzerer Aufenthalt im Krankenhaus

Im Schnitt blieben die Frauen in der Pandemiephase weniger lange im Krankenhaus als vor der Pandemie, die Aufenthaltsdauer reduzierte sich um 7 % (RR 0,931).

Die beobachtete Reduktion der Rate an Lebendgeburten um 5,2 % sei konsistent mit den Zensusdaten. Allerdings sei die Abnahme vor allem zwischen März und Dezember 2020 zu verzeichnen gewesen, es handelte sich also um Schwangerschaften, die vor der COVID-19-Pandemi begannen.

„Die Entscheidung, ein Kind zu bekommen, hängt stark mit dem sozialen Kontext zusammen“, schreiben Molina und ihre Team „Möglicherweise führte die Pandemie dazu, dass weniger Menschen ihre Familie vergrößern wollten.“

Assoziation mit pandemischen Einschränkungen

Die Autoren merken an, dass in ihrer Stichprobe die Zahl der SARS-CoV-2-Infektionen relativ gering gewesen sei. „Unsere Arbeit zeigt die Assoziation zwischen den allgemeinen Einschränkungen in der COVID-19-Pandemie und der Gesundheit von Schwangeren“, betonen sie.

Die Zunahme an maternalen Todesfällen sowie Schwangerschaftskomplikationen sei „alarmierend“. Es müsse sichergestellt werden, dass potenziell mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang stehende Risiken nicht bestehen blieben.

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