Ärzteschaft

Versorgung von Schmerzpatienten verschlechtert sich

  • Dienstag, 2. Juni 2020

Frankfurt am Main – Die Deutsche Schmerzgesellschaft warnt, dass sich die Versorgung von Schmerzpatienten durch die Coronapandemie verschlechtert hat. „Notwendige The­rapien finden seit mehr als zwei Monaten nicht statt“, sagte die Präsidentin der Deutsch­en Schmerzgesellschaft, Claudia Sommer, heute anlässlich des neunten bundesweiten Aktionstages gegen den Schmerz.

Die Gesellschaft fordert deshalb Sofortmaßnahmen wie verstärkte Beratungsangebote via Telefon- und Videosprechstunde sowie Ausnahmeregelungen für gruppentherapeutische Angebote. Durch die Pandemie sei der Zugang zur Schmerztherapie derzeit noch schwie­riger als sonst.

Schon vor der Coronakrise seien Schmerzpatienten unterversorgt gewesen, betonte die Vorsitzende der Patientenorganisation SchmerzLOS, Heike Norda. Oft müssten Patienten mehrere Monate auf eine Schmerztherapie warten, was die Chronifizierungsgefahr nach oben treibe.

Viele Kliniken hätten in den vergangenen Monaten die Versorgung von Schmerzpatienten heruntergefahren, berichtete Sommer. Kontakteinschränkungen und die Angst vor Anste­ckung führen außerdem dazu, dass viele Betroffene Termine beim Arzt oder Physiothera­peuten nicht wahrnehmen. Zusätzlich wurden Reha-Sportangebote eingestellt oder redu­ziert, Selbsthilfegruppen dürfen keine Präsenztreffen veranstalten.

Sommer warnte deshalb, dass Schmerzpatienten kein Kollateralschaden der COVID-19-Bekämpfung sein dürften. „Schmerzbehandlung ist ein Patientenrecht“, betonte sie. „Die Schmerzbehandlung in den Kliniken muss wieder hochgefahren werden.“

Rund 22 Millionen Menschen in Deutschland leiden nach Angaben von Sommer an chro­nischen Schmerzen. Sechs Millionen seien in ihrem Alltag durch die Schmerzen beein­trächtigt. Norda wies darauf hin, dass die Folgen von Schmerzen nicht nur physischer und psychischer Natur seien. Auch soziale Konsequenzen seien möglich, etwa die soziale Aus­grenzung durch Fehltage auf der Arbeit.

„Auch und gerade in Krisenzeiten dürfen wir Schmerzpatienten nicht vernachlässigen“, sagte Sommer. „Es ist jetzt an der Zeit, neue Wege zu entwickeln, denn es wird nicht das einzige Mal bleiben, dass wir uns einer solchen Situation befinden.“

Telefon- und Videosprechstunden statt Präsenztermine

Norda schlug angesichts der vielen abgesagten und verschobenen Schmerztherapien un­ter anderem vor, Angebote von Telefon- und Videosprechstunden für betroffene Schmerz­patienten zu verstärken.

„Wir fordern zudem, eine befristete Ausnahmegenehmigung für die ambulante, stationäre und teilstationäre Behandlung von Menschen mit chronischen Schmerzen oberhalb der ge­nehmigten Fallzahl.“ Zu der laut Norda geringen Zahl an Schmerzmedizinern in Deutsch­land komme, dass sie nur die Behandlung von maximal 300 Schmerzpatienten pro Quartal abrechnen dürften.

Der Erfolg einer Schmerzbehandlung hänge ganz wesentlich von der Kompetenz der Pfle­genden ab, sagte Ruth Boche Sprecherin der Fachgruppe Pflegeexpert/innen Schmerz im Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe. Die Erfahrungen in der Pandemie sollten des­halb in umfassendere Konzepte zur Verbesserung der Behandlungssituation von Schmerz­patienten einfließen.

Die Pflegeexpertin forderte, dass das Thema Tele-Nursing – also Videokonferenzen zwi­schen Schmerzpatient und Pflegenden – auf die Agenda Telemedizin gesetzt wird, dass die Akademisierung spezialisierter pflegerischer Experten mit Hochschulabschluss voran­getrieben wird.

Darüber hinaus sollten die Grenzen zwischen den Sektoren im Gesundheitssystem vor allem im Hinblick auf die Versorgungskontinuität von Schmerzpatienten im ambulanten und stationären Bereich abgebaut werden.

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